Koya-san ein Bergplateau 900 m ü.M. 

Auf dem Weg vom Kumano Hongu-Taisha Shrine geht es zunächst durch die malerischen Zedernwälder mit ihren ebenmäßig gewachsenen Baumstämmen, über eine langgezogene Bergstraße, danach über eine gewundene, nie enden wollende Passtrasse nach Koya-san, unserem heutigen Ziel.  Als wir uns auch noch hinter einem Bus einklemmen lassen mussten, ging es nur mit maximaler Geschwindigkeit von 40 km/h weiter. Ein Geduldsspiel, gut dass jeder Ausländer in Japan im Laufe der Jahre „tätige Geduld“ lernen – durch ertragen – muss. Hier kommen uns unsere jahrelangen Geduldsübungen entgegen. In dieser Bilderbuch Landschaft konnten wir es sogar genießen langsam fahren zu müssen. Immer wieder bewaldete Bergrücken mit den kerzengeraden Stämmen der Zedern-, Zypressen- und Pinienbäume. Abwechselnd tiefe Täler und alpine Spitzkehren. Endlich der Abzweig nach Koya-san, eigentlich müsste es heißen nach Mount Koya, so wie der Fuji-san, Mount Fuji heißt.

Ein kurzer geschichtlicher Rückblick auf Kukai, später mit dem Titel Kubo-Daishi versehen. Denn er war es, der ab dem Jahr 819 Koya-san gegründet hatte.

Wir erinnern uns, als wir vor zwei Jahren auf der Insel Shikoku, eine der vier großen Hauptinseln Japans, waren. Dort hatten wir die ungezählten Pilger in ihren weißen Gewändern beobachtet, die 88 Tempel auf Shikoku im Sinne von Kukai zu Fuß erwanderten, oder besser gesagt ersteigen mussten. Siehe auch unser Bericht vom 16, November 2014
unter https://shoganai.com/eine-reise-nach-shikoku/

Kukai (774-835) war ein nur 19 Jahre junger Mönch, der in einer Höhle am Cap Muroto auf Shikoku meditierte und von seinem Platz aus nur den Himmel und das Meer sehen konnte. Daher bekam er den Namen Kukai, was so viel heißen soll, „der, der nur den Himmel und das Meer sieht“ (Ku– Himmel, Kai – Meer). Natürlich hatten wir damals versucht aus der immer noch für ihn gepflegten Höhle heraus genau diesen Blick auf Himmel und Meer nachzustellen, was uns leider nicht so ganz gelungen war. Vielleicht fehlte es uns auch am Ernst, oder im Laufe der Jahrhunderte hatte sich die Landschaft entsprechend verändert. Wir hatten damals beschlossen uns mit Kukai näher zu beschäftigen:

Der Sage nach warf Kukai seinen Sanko, einen kleinen zeremoniellen Nimbus, aus China genau an die Stelle, wo heute in Koya-san ein Kieferbaum wächst. Von dieser Stelle aus wollte Kukai, der ab da den Titel Kobo Daishi erhielt, 806 seine Erkenntnisse in Japan lehren und verbreiten.

Der damalige Kaiser Saga erteilte ihm im Jahr 816 die Erlaubnis eine Kloster Anlage zu errichten. Genau an diesem Ort, auf dem Hochplateau, eingerahmt von acht bewaldeten Berggipfeln und weit ab von den Störungen der japanischen Hauptstadt Kyoto, die damals nur zu Fuß zu erreichen war. Soweit zur Historie.

Unser erster Eindruck bei der Einfahrt in die Stadt:
Rechts der Straße Wälder mit alten, hohen Bäumen, dahinter ein sich an der Straße entlang ziehender Friedhof. Auf der linken Seite reihen sich später Geschäfte an Geschäfte, bei einbrechender Dämmerung sieht es so aus, wie man sich auf den ersten Blick die Prachtmeile von Oberstdorf vorstellen könnte. Ein Wintersport Ort im Herbst, nur ohne Schnee.

Dann sehen wir auf der rechten Straßenseite die ersten Tempelanlagen umgeben von den Japan-typischen, ockerfarbigen Tempelmauern. Jeweils hinter massiven, herrlich dekorierten, hölzernen Eingangstoren versteckt, die eigentliche Kloster- oder Tempelanlage. Jetzt sieht es nicht mehr aus wie in Oberstdorf, es ist richtig Japanisch. So stellt sich der Ausländer das alte Japan vor, Tempelanlage an Tempelanlage. Koya-san zieht sich an der langen Straße entlang, mit nur wenigen Abzweigen. Die Straße endet in einem großen Parkplatz, zugestellt mit den in Japan so unvermeidlichen Reisebussen. Mit einem kurzen Blick erhaschen wir einen Weg, der zu einer rot-weißen, einstöckigen Pagode führt. Ein malerisches, japanisches Bild in der Abenddämmerung.

Wir waren zu weit gefahren, hätten eine Straße vorher nach rechts abbiegen müssen, um zur Tempelanlage Fugen-in zu kommen. Hatten wir es bisher nicht gewagt durch das imposante Eingangstor in einen Tempelbezirk mit dem Auto einzufahren, hier mussten oder durften wir es tun, der Fugen-in war unser gebuchtes Nachquartier..

Check-in im Fugen-in

Wir parkten das Auto inmitten eines gepflasterten Gartens innerhalb der rechteckig angeordneten Tempelgebäude. Ein junger Priester nahm den Autoschlüssel entgegen, er werde den Wagen später richtig einparken. Valet Parking Service im Fugen-in Tempel!

Beim Betreten des Hauptgebäudes Schuhe ausziehen, sie blieben auch draußen. Im Gebäude trugen wir ab jetzt nur noch die in Japan allseits bekannten braunen Schlappen. Anmeldung im Büro des Fugen-in. Der für die „Rezeption“ zuständige Mönch, Sasaki-san rief uns ein lachendes „irasshai-mase“, Willkommen zu und machte uns mit dem strengen Ablauf im Kloster vertraut. 18:00 Abendessen, wir werden im Zimmer abgeholt. 5:30 Morgen Andacht.

Der junge Mönch zeigte uns den Treffunkt für die Morgenandacht und anschließend unser heutiges Domizil.

Der Kondo
Noch vor dem Bad und Abendessen machten wir einen ersten Erkundungsgang zum wichtigsten Teil des Koyasan. Wanderten auf dem Weg, den wir vom Auto vorab gesehen hatten, den Kongobuji Weg zum Kondo, dem zentralen Tempelbezirk, der nach Kobo Daishis Vision ab 819 hier errichtet wurde. Ein eindrucksvolles Ensemble mit dem imposanten Kondo, der Vortragshalle als zentralem Tempel. Umstanden wird der Kondo großflächig von verschiedenen weiteren Tempeln, u.a. dem mit einem Holzdach versehenen Fudo-do, das heute älteste Gebäude des Koyasan. Dieses Gebäude vereinigt die aristokratische Residenz Architektur aus der Heian Zeit (794 – 1185) mit der japanisch-typischen Tempel Architektur. Daneben die mächtige, einstöckige, rot-weiße Pagode (Stupa) der Konpon-Daito. Interessant ist, dass an einem Ende dieses rein buddhistischen Platzes der Miyashiro Shrine für die Shinto Götter errichtet wurde, die über den Koya-san wachen sollten. Es war zu der Zeit von Kobo Daishi nichts Ungewöhnliches, dass in einem buddhistischen Bezirk die alten vertrauten Shinto Gottheiten den Schutz übernehmen sollten.

Das war nur unser erster Eindruck. Morgen wollen wir Koyasan weiter entdecken.