Zurück von der Japan-Reise mit Freunden
Das alte Japan (Teil 1)

Mit unseren Düsseldorfer Freunden starteten wir unsere zweiwöchige Reise in Kyoto.

Kyoto und Maikos gehören zusammen, genauso wie ein Bummel durch die enge Gasse von Ponto-cho mit seinen hunderten von Bars und Kneipen. Die Maiko im Ryokan Hatanaka in Gion, die uns beim ersten gemeinsamen Dinner mit ihrem Tanz und  den unschuldigen Spielchen unterhielt, war 19 Jahre jung und hübsch. Sie gewann meistens die von ihr lange einstudierten Spiele und trug so zur Einstimmung auf das alte Japan bei. Das entspannte Lachen an diesem Abend brachte uns weit weg von allem Jet Lag und Gedanken, was gerade in Düsseldorf passieren könnte.

Der Hin- und Rückweg zum „Geishaviertel“ Gion mit seiner Hauptstraße Shijo-Kawaramachi hielt alle süßen und handwerklichen Besonderheiten der Stadt bereit. Kaum ein Laden, der nicht erobert werden wollte, ob mit seinen Spezialitäten wie rohen Zimtwaffeln oder alten Kämmen von Kyoto`s „Maikos“(das sind die jungen Damen) und „Geikos“, die bei uns einfach unter dem Oberbegriff Geisha bezeichnet werden.

Im Fushimi Inari Shrine http://de.wikipedia.org/wiki/Fushimi_Inari-Taisha, das ist der mit den Füchsen, die keine anderen Götter neben sich zulassen wollen, konnten wir die geheime Verladung der Götter aus der Gebetshalle in einzelne Sänften beobachten. Die großen Sänften wurden auf LKWs geladen, um dann zu den Gläubigen in der Stadt gefahren zu werden. Der Gang durch die tausenden knallroter Shinto Torii bei Sonnenschein erinnerte an die Fotos von Kyoto, die jeder schon einmal gesehen hat.

Im Tofukuji Tempelhttp://de.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dfuku-ji, wo wir vor drei Jahren noch unsere Zazen Übungen gemacht haben, besuchten wir wieder den Steingarten, der uns schon bei unserem ersten Besuch so viel Ruhe gespendet hatte. Jetzt fand in der Halle nebenan eine buddhistische Andacht statt, jeder Teilnehmer nahm hinterher eine Tragetasche mit einem Geschenk des Tempels mit, was zur verwunderten Fragen führte. Warum? Überhaupt war „Warum“ die in den ersten Tagen am häufigsten gestellte Frage. Später wurde die Frage nach dem „Warum“ und der Vergleich mit uns bekannten Ereignissen immer weniger gestellt. Fremdartige Geschehnisse konnten so besser aufgenommen werden. Und bleiben dennoch sehr fremd.

Um das Weltkulturerbe, den Toji Tempelhttp://www.toji.or.jp/, fand ein großer Flohmarkt statt. Überall wieder Verlockungen wie süße Puffreisbällchen oder kleine Sakebecher, die die Aufmerksamkeit auf sich zogen. Unser Ziel aber war die „Lecture Hall“ mit 21 Statuen, dem ersten dreidimensionalen Mandala in Japan. Die Figuren wurden bereits im 9. Jahrhundert in Holz geschnitzt und auf ungewöhnliche Art angeordnet. Die teilweise bösartigen Gesichter sollen zeigen, wie wir Menschen wirklich sind, nicht nur gütig, sondern auch mal zornig und manchmal wütend. Ihre Gesichter strahlen das aus, wer und wie wir sind. Eine Besonderheit des „Esoterischen Buddhismus.“ Und das bereits vor 1100 Jahren.

Das Italienisch/japanisches Dinner im ehemaligen Haus des berühmten japanischen Malers Seiho Takeuchi http://en.wikipedia.org/wiki/Takeuchi_Seih%C5%8D war ein kulinarisches Erlebnis. So viele gut aussehende, freundliche, und erstklassig geschulte Service Mitarbeiter, in einer fast mystisch anmutenden Atmosphäre und einem wunderbaren Essen. Der Rückweg ging wieder durch das alte, jetzt schon schlafende Kyoto. Es war wie im Film.

Uli_DSC1632_1Dass es in Kyoto noch eine Straßenbahn http://www.youtube.com/watch?v=uyqm7wg5_5k gibt, ist kaum bekannt. Sie ist die einzige Bahn- Verbindung nach Arashiyama http://www.panoramio.com/photo/73416217mit dem Bambusweg zum Tenryuji Tempel http://www.tenryuji.com/ Sie empfingen uns mit ihrem lauten, dumpfen Knarzen der aneinanderschlagenden Bambusstangen und -Spitzen im Wind. IMG_1457_1

 

 

 

 

 

Erstmalig sahen wir hochaufschießende dunkle Bambussprossen, die innerhalb weniger Tage schon hohe grüne Bambusbäume hervorbringen. Und überall Moos bedeckter Boden. Im Park des Tenryuji Tempels waren Gärtner im Sitzen und Hocken damit beschäftigt  das Moos von Unkraut zu befreien, eine Tätigkeit, die wir so nicht erwartet hätten. Einer der alten Männer sprach uns an und berichtete von seinen Erfahrungen seiner Deutschlandreise: „Deutschland ist sehr schön. Alles gerade lange Straßen und Häuser, die alle gleich aussehen“. Na ja. So fremdartig wie ihm Deutschland, so kommt uns Japan das ein oder andere Mal wohl auch vor.

Das ausgewogene Zen-Mittagessen des Tenryuji Tempels sollte uns mahnen nicht „zu leben um zu essen“, sondern „zu essen um zu leben“, um Körper und Seele ohne Hindernisse bei Zen Übungen in Einklang bringen zu können. Es wurde nicht nur für das Auge, sondern auch harmonisch von der Zusammensetzung der sechs Grundgeschmäcker serviert: bittter, sauer, süß, salzig, leicht und scharf.

Es fiel schwer sich von diesem herrlichen Park mit seinen Wasser- und Steinlandschaften zu trennen.

Mit der Ran-den Straßenbahn kamen wir zum Koryuji Tempel mit dem National Schatzhttp://en.wikipedia.org/wiki/K%C5%8Dry%C5%AB-ji der meditierenden Bodhisattwa Figur, im halben Lotussitz, den Kopf auf Daumen und Zeigefinder gestützt. Hier soll schon Karl Jaspers begeistert gewesen sein. Eine Anregung für uns die „Existenz Philosophie“ von Karl Jaspers zu diskutieren.

Abends machte dann jeder so seine eigenen Erfahrungen mit den Restaurants und Bars in Kyoto. Um 8:30 schon „last Order“ im Hotel führte fast zum Aufstand. Andere Länder andere Sitten. Gut, dass ansonsten alles organisiert ablief, da fielen die japanischen Sonderheiten nicht so auf.

Die Bahnfahrt nach Kashihara Jingu http://de.wikipedia.org/wiki/Kashihara-jing%C5%AB, dem vermeintlichen Sitz des ersten japanischen Kaisers Jinmu, führte uns ins Japan der Vorzeit. Dort nutzten wir wieder ein neues Verkehrsmittel: das Fahrrad. Das Gelände des 500.000 m2 riesigen Kashihara Shrines war ganz im Gegensatz zum Meji Shrine in Tokyo am Morgen unberührt. Stille. Die Schönheit der Anlage – ein Genuß. Hier konnten wir die dann noch die Karpfen im See mit den letzten Resten der Puffreisbällchen vom Toji Tempel füttern, selbst die Enten kamen von weit her angeschwommen, um sich diese Köstlichkeiten nicht entgehen zu lassen.

Die Radfahrt zum Mausoleum des Kaisers Jinmu, dem Sohn des Urenkels der Sonnengöttin Amaterasu,  (etwa vor 2700 Jahren) war kurz. Die Erinnerung an diese weite, teilweise leere, großzügige Anlage wird uns allen im Gedächtnis bleiben. Auch hier wieder absolute Stille. Wieder waren wir alleine, niemand störte uns. Jeder war tief berührt von der Einfachheit und der gelungenen Architektur dieser Anlage. Es gab nur eine einzige Wasserstelle aus einem riesigen, schnabelförmigen Speckstein. Sonst konnte nichts das Auge stören, so schlicht, so gelungen und deshalb so schön.

Unsere Radtour führte uns dann über wenig befahrene Landstraßen in Herzland von Asuka. Hier wurde Japan im 6. – 7. Jahrhundert geformt, wurden die ersten bedeutenden Anlagen der ersten Schritte Japans gebaut und von hier aus wurden Botschafter ausgesandt um von China zu lernen. Die Paläste der damaligen Zeit werden zurzeit ausgegraben, ihre Ausmaße erinnern an chinesische Vorbilder.

Allerdings können wir heute noch den ersten Tempel Japans, den Asuka Tempel http://en.wikipedia.org/wiki/Asuka-dera, besuchen, der bereits 596 errichtet wurde. Noch heute beherbergt er die erste, bereits 609 gegossene Bronze Buddha Figur Japans  http://de.wikipedia.org/wiki/Daibutsu. Früher war dies eine weitläufige Anlage gewesen. Heute berührt dieser 15 Tonnen schwere Buddha durch seine Ausdrucksweise. Je nachdem von welcher Seite wir ihn anschauen, wirkt sein Gesicht mal streng oder mal mild. Auch hier fällt es schwer sich vom Anblick des Riesen loszureißen. Doch wir wollten noch zur Geburtsstätte des Kronprinzen Shotoku Taishi im Jahr 572, dem Tachibana-Dera Tempel http://www.asuka-park.go.jp/asuka_en/temple/tachibana.html, radeln. Er war es, der den Buddhismus im 7. Jahrhundert in Japan zur Staatsreligion geformt  und darauf die erste Verfassung Japans aufgebaut hatte.

Und überall in Asuka hohe, weiche, bewaldete Hügel, die Grabhügel früherer Prinzen, Fürsten und Kaiser, die allerdings ohne kaiserliche Erlaubnis bis heute nicht ausgegraben werden dürfen.

Und dann zurück in Kyoto, unser Dinner im „Fortune Garden“, im ehemaligen Verwaltungsgebäude der Firma Shimazu. Das Essen selbst konnte schon jedes Gourmet Herz begeistern, die Kunst nicht nur das Essen appetitlich zu servieren, sondern auch eine wunderbare Atmosphäre zu schaffen beherrschen japanische Gastgeber perfekt.

IMG_1540_1Zum Abschluss des „alten Japans“ ging es mit der Bahn nach Yoshinohttp://www.japan-guide.com/e/e4152.html. Die Fahrt mit der ältesten Seilbahn Japans hinauf nach Yoshino-Yama war zwar kurz, rettete uns aber vor dem stark einsetzenden Regen. Der Ryokan mit seinem heißen Bad, und seinen herrlich großen Zimmern in dem neu errichteten Blockhaus, wurde zur ersten Erfahrung auf Futons auf dem Boden zu schlafen. Uns stand das gesamte Blockhaus allein für uns zur Verfügung Malerisch, wie wir uns nach dem Abendessen mit den vielen Gängen, im gemeinsamen Wohnzimmer mit Kamin und Hängeschaukel dort niederließen um uns über unsere bisherigen Erfahrungen auszutauschen.

IMG_0060_1Vorher hatten wir im Regen nach einem kleinen  Fußmarsch das Hauptgebäude, Zao-Do im Kinpusen-ji Tempelhttp://de.wikipedia.org/wiki/Kimpusen-ji erreicht. Wir hatten die einmalige Gelegenheit dort die drei blauen, sieben Meter hohen Figuren, die Gottheit (Zao-Gongen) in drei verschiedenen Ausdrucksweisen zu bewundern, die für die Öffentlichkeit nur an bestimmten Terminen zu sehen sind. Es gibt keine Bilder oder Postkarten mit der Begründung zu kaufen: die Figuren sind so heilig, dass sie nicht abgebildet werden dürfen. Da saßen wir jetzt im Angesicht dieser Figuren und konnten in ihre grimmigen, dunkelblauen Gesichter schauen. Auch hier wieder ein Abbild der Menschen nicht nur mild und gütig, sondern auch wütend, zornig und verbissen. Es war kalt und zugig, aber diese seltene Gelegenheit im Zao-Do war ein nachhaltiges Erlebnis, das nur noch von der morgendlichen Andacht schon um 6:30 in der Frühe übertroffen wurde. Der Abt, Mönche und Gläubige versammelten sich, um unter den drei Figuren eine Andacht zu feiern – mit rhythmischen Schlägen auf der Taiko (dicken Trommel), Blasen der großen Muscheln (Tritonshorn) und lautem Rezitieren der buddhistischen Sutren.   Diese Andacht ließ die tiefe Religiosität der Gläubigen erahnen. Der Yoshino-yama ist bekannt für seine härtesten asketischen Übungen. Es gibt es nur wenige, die den „1.000 Tage Lauf“ bisher überstanden haben. Vom Kinpusen-ji Zao-do zum Zao-do auf 1719m Höhe, hin- und zurück, insgesamt 48km, das an 143 Tagen, ohne einen Tag Pause, innerhalb von 8 Jahren (1.144 Tage)! Ähnliches wird auf dem Hie Berg bei Kyoto praktiziert: http://youtu.be/S06oMxdt40A. Diese asketische Übung ist das Training für Shugendo (entstanden aus Shintoismus, Taoismus, Buddhismus) und kultiviert die spirituelle Kraft der Gläubigen.

Auf dem Weg über Osaka zu Flughafen nach Itami im 2. Teil