Im November 2023 waren wir schon einmal im kleinen Fischerdörfchen Mikuni an der japanischen Meerseite.
Wie schon das Motto der Präfektur Fukui aussagt:
„Fukui ist eher verborgen im Hintergrund aber überwältigend“.
So ist das auch mit Mikuni.
Wir haben es schnell durchschritten, die teilweise mehr als 150 Jahre alten typisch japanischen Holzhäuser auf der Hauptstraße bewundert, den Lampion Meister besucht und haben das 100 Jahre alte Bankgebäude, als eines der wenigen Steinhäuser, als fast störend empfunden.
So könnte ein flüchtiger Besucher Mikuni abhaken und weiterreisen.
Doch halt. Irgendetwas strahlt das Örtchen aus. Wir wollten wiederkommen und sogar Freunde aus Deutschland mitbringen, die glücklicherweise keine Japan-Anfänger sind, sondern schon Tokyo, Kyoto, Koya-san, Hiroshima und andere Hauptattraktionen Japans mehrfach besucht haben. Sie wollten sich mit uns auf das Abenteuer, 5 Tage in Mikuni zu verbringen, einlassen.
Mikuni wurde schon vor über tausend Jahren in Dokumenten erwähnt und war früher ein Handels-Knotenpunkt, vom Segel betriebenen Schiff (Kitamaebune) direkt nach Osaka und Kyoto. Heute ist es sehr ruhig in Mikuni. Ganz wenige Restaurants und Cafés, kaum Menschen auf den engen Straßen.
Das eigentliche Leben findet in Sakai statt. Mikuni ist heute der kleinere Stadtteil von Sakai, der Ort duckt sich direkt hinter die Kaimauer am Kuzuryu Fluss, wo die Fischer der Riesenkrabben ihre Boote festmachen.
Um verschiedene Häuser kennenzulernen, haben wir 3 Nächte in einem Haus mit zwei Apartments und 2 weitere Nächte in einem anderen Haus, direkt hinter dem Kai gelegen, gemietet. Vermieter ist die „Auberge Homachi“, die in Mikuni seit Januar 2024 im Ort verstreut 9 traditionelle Holzhäuser mit 16 unterschiedlich großen Apartements anbietet.
Dazu gehört das Restaurant „Tateru Yoshino MikuniMinato“ in dem, in diesem Ort vollkommen unerwartet, französische Küche vom Chef Tateru Yoshino angeboten wird.
Diese alten, architektonisch aufs Feinste renovierten Häuser haben es uns direkt angetan. Außen über dem Eingang flattert der blaue Noren mit dem weißen Schriftzug HOMACHI, innen haben Architekten und Handwerker ganze Arbeit geleistet und Tradition mit modernem Lebensstil zusammengebracht.
Unser Auto steht nur einige Meter entfernt auf einem festgelegten Parkplatz, unmittelbar neben einem kleinen Shinto Schrein.
Wir sind eingebunden in die dörfliche Gemeinde. Menschen, denen wir auf den Gassen begegnen, grüßen uns. Ein älterer Bewohner von gegenüber, zeigt uns mit Stolz sein über 100-jähriges Haus mit einer Besonderheit, einer ebenso alten, 2 Meter-Durchmesser großen Baumscheibe als Haustür, die im Laufe der Jahre immer tiefere Rillen bekommen hat.
Er erklärt uns, dass früher nur ein paar Meter weiter unten das Geisha- und wohl auch Puffviertel war, zu dem eine kleine Brücke führt. Diese wird übersetzt im Volksmund (Mikaeri-Bashi) genannt: „Wenn ich am Morgen zurückschaue, dann war die Nacht dort so wunderbar“.
Eine weitere Brücke oberhalb des Viertels wird genannt (Shian-Bashi): “Soll ich oder soll ich nicht dahingehen, wo es so wunderbar ist?“.
Durch dieses Gespräch erkennen wir, was es ausmacht in einem der Homachi Häuser zu wohnen. Wir fühlen uns eins mit den Bewohnern, hören deren Geschichten, es gibt eigentlich keine Barriere zwischen uns – bis auf die Sprache.
Das gleiche Gefühl kommt auf beim Besuch des Fischmarktes, wo die Krabben des Fanges der vergangenen Nacht unter Zeltplanen zum direkten Verzehr angeboten werden. Die Fischer sind auskunftsfreudig, der Andrang ist groß.
Die letzten beiden Nächte verbringen wir in eingeschossigen Häusern, wir rätseln, ob es ehemalige Lagerhäuser gewesen waren. Offene Decken bis unters Dach mit mächtigen Dachbalken, darunter modernste Einrichtungen mit einem Bad mit freistehender Badewanne und einer Terrasse zur Kaimauer hin. Morgens stehen wir auf der Terrasse und schauen dem Verkehr zu, manche Fahrer winken uns zu, wir fühlen uns heimisch.
Das Konzept HOMACHI ist wieder mal einmalig.
Allein schon der Name „Homachi“ bedeutet „Warten auf Segel-Wind“, als früher die Kapitäne auf den passenden Wind gewartet und sich bis dahin in diesem Städtchen die Zeit vertrieben haben. So bleiben wir im November 2024 hier einige Tage, ähnlich wie die damaligen Matrosen, Händler und Kaufleute.
Das traditionelle Mikuni-Stadthaus auf der Hauptstraße wurde mit Unterstützung der Gesellschaft restauriert und steht Besuchern zur Besichtigung zur Verfügung. Mit der örtlichen Gemeinschaft arbeiten sie eng zusammen, um den Ort insgesamt attraktiv für Besucher zu gestalten. Es werden zB. Kurse angeboten für die Verarbeitung von heimischen Lebensmitteln oder wie man einen Lampion baut und beschriftet oder Tauchen und Fischen im nahegelegenen Meer.
Homachi verleiht erstklassige Elektro-Fahrräder, mit denen wir den ganzen Tag die Gegend bis zur berühmten Oshima Insel und den Tojinbo Felsen befahren. Die Firma vermietet nicht nur Apartments in außergewöhnlichen, traditionellen, supergut restaurierten Häusern, sondern kümmert sich auch darum den gesamten Ort Mikuni und seine Bewohner mit einzubeziehen.
Am ersten Abend suchten wir ein Restaurant, fanden aber keins, das geöffnet hatte. Zufällig sprachen wir die Dame vom alten Stadthaus an, die uns mit ihrem Privatwagen zu einem Italiener fuhr, bei dem wir herrlich gegessen haben. Das waren nur 3-4 Minuten, doch alleine das Angebot uns dahinzufahren, hatte uns beeindruckt. Sie meinte, auf dem Rückweg könnten wir ein Taxi rufen, doch der zehnminütige Fußmarsch nach dem Essen tat uns ganz gut. So konnten wir dieses Städtchen auch schon mal bei Dunkelheit erkunden. Es ist sowieso alles ganz nahe beieinander.
Zu solch einem Revitalisierungs-Projekt gehört natürlich auch ein Budget. Hinter Homachi stehen eine Reihe großer japanischer Firmen, wie: NTT (Nippon Telekom), verschiedene Banken, eine örtliche Zeitung sowie die Radio/TV Station, der örtliche Versorger und einige Bauunternehmen …
Wir stellen uns das Homachi Konzept so vor: dezentral organisiertes Hotel mit Apartments in herrlich renovierten, traditionellen japanischen Holzhäusern, mit umfänglichem Service der Zentrale und Einbeziehung des gesamten Ortes und seiner Bewohner.
Ein gelungenes Revitalisierungs-Projekt. Wir wollen sogar noch ein drittes Mal wiederkommen.