Iwakuni, die hölzerne Fünf-Bogen Kintaikyo Brücke
Auf dem Weg von Matsue nach Iwakuni wollen wir den Adachi Garden in Yasugi besuchen. Die wohl berühmteste Gartenanlage Japans erstreckt sich auf einem Gelände von über 165.000 m2.
Schade, es regnet heftig, sowieso könnten wir die großzügige Anlage nur von Innen bewundern. Adachi verbindet seine Gartenanlagen mit dem Museum of Art, in dem Gemälde bedeutender Japanischer Künstler ausgestellt werden. So Bilder von Yokoyama Taikan, Keramiken von Kitaoji Rosanjin und Vielen anderen mehr.
Wir sind wegen der beeindruckenden Gartenanlagen hier. Der Gründer Adachi Zenko bezeichnete einen japanischen Garten als lebendige Leinwand und genau das ist es, was wir bei strömendem Regen sehen. Trockene Landschaften, Pinien und Moos Gärten, eine Teichanlage. Im Frühjahr blühen hier die Azaleen, frisches Grün im Sommer, rote Blätter im Herbst und im Winter schneebedeckte Gärten. Alles ist wunderbar harmonisch gegen die weite Landschaft dahinter abgestimmt. Für Liebhaber japanischer Gärten eine Augenweide.
Wir nähern uns dem eigentlichen Ziel unserer Reise.
Iwakuni mit der unnachahmlichen Fünf-Bogen Brücke über den Nishiki Fluss. Und endlich, auf dem Weg zu unserem Hotel haben wir sie vor uns. Japanischer geht’s nun wirklich nicht. Schon die berühmten Maler ihrer Zeit haben sie in ihren Bildern festgehalten: Utagawa Hiroshige in seiner Serie „Famous Places in the Sixty-odd Provinces“, Hiroshige II in „One Hundred Famous Views in Various Provinces“ und Katsushika Hokusai als „The Spendid View of Famous Bridges in Various Provinces: Kintaikyo Bridge in the Province of Suo“.
Unser Hotel Iwakuni International, liegt direkt an der Straße neben dem Nishiki Fluss, unser Zimmer im siebten Stockwerk hat einen freien Blick auf die Brücke. Doch wir wollen sie nicht nur sehen, sondern sie unbedingt auch begehen. Wie fühlt sich das an, über die Bögen zu gehen, sind steile Stellen zu meistern? Alles Fragen, die wir uns schenken können.
Die Bögen sind weder steil noch schwer begehbar. Ein An- und Abstieg an einem Bogen ist kaum bemerkbar, der Aufbau in gering hohen Treppenstufen ist so genial gelöst, dass selbst Menschen mit Gehhilfen ohne Anstrengung die Brückenbögen überqueren können.
Auf der gegenüberliegenden Seite, hoch oben thront das Schloss der Fürsten Kikkawa mit Blick auf die Stadt Iwakuni, den Nishiki Fluss bis hin zum Pazifischen Ozean. Da die Vorgänger der Brücke vom Schlossviertel zur Stadt durch Taifune mehrere Male weggerissen worden sind, entschloss sich Lord Hiroyoshi Kikkawa (1621 – 1679, die dritte Generation, des zweiten Sohns von Mori Motonari, das ist der mit den drei Pfeilen aus Hagi) nach Bildern einer Bogenbrücke aus China diese Brücke zu entwickeln. In China wurden fünf Inseln durch sechs Bögen verbunden und wurde damals zum Vorbild für die Kintaikyo Brücke. 1673 war das Konzept klar, mit dem Bau der Brücke konnte begonnen werden.
In einem kleinen Museum haben wir die älteste Konstruktionszeichnung aus dem Jahr 1699 noch bewundern können. Einmal wurde die Brücke beschädigt, aber sofort wieder repariert.
1950 dann wurde sie von einem Taifun weggewaschen. Die mehr als 300 Jahre alten Zeichnungen ermöglichen es die komplexe Konstruktion der Holzbrücke laufend instand zu halten, oder, wie 1950, im Original wieder aufzubauen.
Es soll übrigens weltweit die einzige Holzbrücke auf Steinpfeilern in dieser Form sein.
Die Kintaikyo Brücke ist nicht nur architektonisch interessant, sondern sie ist auch schön anzuschauen, sie hat etwas Einzigartiges. Etwas sehr Japanisches, das unsere Sinne für Harmonie anspricht und unsere Augen so stark anzieht, dass wir sie nicht davon abwenden können.
Für eine kleine Stadt wie Iwakuni ist diese einzigartige Brücke ein bedeutender Tourismus-Magnet. Wir haben zwei Tage dort verbracht, unser Urteil: Sehenswert. Besonders das ehemalige Schlossviertel auf der unterhalb des Schlosses gelegenen Flussseite hat es uns angetan. So auch die Park- und Friedhofsanlagen der Fürstenfamilie, die vielen blühenden Kirschbäume und eine Seilbahn hoch zum Schloss.
Und in diesem Viertel entdecken wir ein Bronze Monument von Sasaki Kojiro.
Er war im 17. Jahrhundert ein bedeutender Meister -Schwertkämpfer, der mit seinem extra langen Schwert gekämpft hatte. Bekannt wurde er durch die traurige Geschichte seines letzten Kampfs mit dem auch bei uns bekannten Schwertkämpfer Miyamoto Musashi. Der hatte 1643/45 „Das Buch der Fünf Ringe“ geschrieben, heute noch ein strategisches Standardwerk für Wirtschaft und alle Lebenslagen, das jeder, gelesen haben sollte.
Der Kampf Musashi gegen Kojiro ist ein Beispiel für Strategie, Bewusstsein und Coolness. Während Kojiro zum vereinbarten Zeitpunkt für den Kampf auf Musashi wartete, nahm der sich Zeit und kommt mit zwei Stunden Verspätung zum Kampfplatz. Kojiro kocht vor Wut und greift in dieser schlechten Verfassung an. Musashi verhöhnt ihn und lässt ihn noch wütender werden. Der Kampf ist daraufhin kurz. Musashi schlägt ihn cool mit seinem Holzschwert nieder und tötet ihn. Das war der letzte Kampf Musashis, der nach diesem Kampf den Schwertkampf aufgibt. Er soll etwa 60 Menschen mit dem Schwert getötet haben.
Solche Gedanken kommen bei uns auf, wenn wir hier vor der Abbildung Kojiros stehen. Es ist Zeit, mal wieder in das Buch der Fünf Ringe zu schauen.
Bevor wir unseren Bericht von der Reise nach West Japan beenden. Noch eine kleine Geschichte aus unserem Hotel. Morgens und abends wird uns das Frühstück und Abendessen von einer älteren Kellnerin im Kimono serviert. Zeit immer mal wieder zwischendurch ein Schwätzchen zu halten. Auf eine eigentlich nicht ernst gemeinte Frage, ob sie denn noch mit den Nachkommen der Kikkawa Fürsten in Kontakt stehe, antwortete sie mit einem Blitzen in den Augen: „Ja, klar. Der jetzige Fürst lebt nicht mehr in Iwakuni, sondern in Tokyo. Wenn ihn seine Geschäfte wegen seiner Ländereinen hin und wieder hierher führen, was meinen Sie, wo wohnt er dann?“ Und sie beantwortet ihre Frage selbst mit einem Leuchten in den Augen: „Na, unser Fürst wohnt dann hier in unserem Hotel“. Das zeigt mal wieder, die Fürsten gibt es zwar nicht mehr, sie sind heute zu normalen japanischen Bürgern geworden, doch die Verehrung der Bevölkerung ist geblieben. Schauen wir nur mal auf Bayern und „Ihren Kini“.