Am nächsten Morgen wird das Frühstück auf der Terrasse serviert.

Wohnraum

Vorher muss der Rücken vom ungewohnten Liegen auf dem Futon wieder in Schwung gebracht werden, das ist die erste Übung auch in den folgenden Tagen. Klar, dieses großzügige Haus wurde von einer Japanerin für japanische Gäste entworfen, sie hatte dabei bestimmt nicht an einen älteren Herrn als Gast aus Deutschland gedacht.

Also bestellen wir für den Vormittag über Chisato-san einen Masseur, der Rücken und Beine wiederherstellt. Es kommt ein kräftiger Mann Mitte dreißig in lässiger heller Okinawa Bekleidung, Typ Surfer. Richtet seine Massageliege auf und macht erst mal einen Test wo es bei uns weh tut. Dazu lässt er beruhigende Musik vom Band laufen. Er erklärt jeden Schritt und ist mit seiner lauten, durchdringenden Stimme so sympathisch, dass alleine dadurch schon der Rücken der vergangenen Nacht schmerzfrei ist. Nach der Hälfte der Zeit beginnt er mit einer Shiatsu Massage, er ist erstaunt, dass wir das schmerzfrei wegstecken. Dann am Ende legt er einen Würfel, einen Schumann Resonator, auf den Bauchnabel und ein Bergsalzpäckchen auf den Hals. Der Resonator beginnt dann in verschiedensten Wellenlängen zu vibrieren um aus dem Gleichgewicht geratene Chakren wieder in den Normalbereich zu versetzen. Es gibt viele Meinungen zum Schumann Resonator, wer will kann sich im Internet darüber schlau machen oder verwirren lassen.

Brücke zur Insel Kouri

Danach machen wir eine Ausfahrt zum Ocean Tower. Dazu fahren wir über eine weit gespannte Brücke auf die Insel Kouri-jima, eine Verbindung zwischen den vielen Inseln um Okinawa herum. Wunderbarer Blick. Doch wir wollen noch bei Helligkeit zurück nach Bise, um zwischen den Fukugi Bäumen einen langen Spaziergang zu machen. Wir haben uns schon in dieses wunderbare Fleckchen Erde verliebt. Der Nachmittag-Spaziergang durch die Baumtunnel und immer wieder zum Meer, hat etwas sehr beruhigendes, liegt es am Meeresklima, oder an der Stille des Dorfes.

Weg zum Shrine

Alles ist unverstellt urwüchsig, die wenigen Menschen, denen wir begegnen, erwidern freundlich unseren Gruß. Wir besuchen den Shrine am Anfang unseres Weges. Klein, renovierungsbedürftig, wie fast alles hier – bis auf „Birth“ und einigen wenigen Häusern, vor denen Jet-skis geparkt sind. Zu besonderen Anlässen sitzen die Bewohner des Dorfes auf Strohmatten in der Halle des Shrines und sprechen mit den Göttern. Die Matten liegen eingerollt in der kleinen, offenen Halle. So etwas gibt es eigentlich nicht, aber hier doch noch.

Abendessen haben wir nicht bestellt, zu viel, zu gut. Wir bereiten uns selbst eine Kleinigkeit vor.

Okinawa wurde bis ins 13. Jahrhundert von drei Königreichen regiert. Bis das Südreich um das Shuri Schloss in Naha die Königreiche im Norden und in der Mitte Okinawas eroberte und von da an Okinawa von Naha aus regiert wurde. Bis 1609 die Krieger des Satsuma Clans aus Kyushu Okinawa und damit das Königreich Ryukyu unterwarfen. Später in der Meji Periode Ende des 18. Anfang des 19. Jahrhunderts wird es dann von Japan aus regiert.

Nakijin

Übrig geblieben sind Schlossmauern in Nakijin und in Zakimi, die wir besuchen wollen. Nichts ahnend, dass nur zur Besichtigung der Mauern des Nakijin Schlosses über 700 Treppen zu bewältigen sind.

Im Nakijin Schloss gibt es verschiedene „Power Spots“, an denen früher religiöse Riten und Gebete abgehalten wurden, wer feinfühlig ist, der wird an diesen Orten entsprechende  Energien spüren. Für den Besucher dieses Schlosses sind nur noch die ungeheuren Mauerwerke zu besichtigen. Felssteine aufgeschichtet, ohne Mörtel und sonstige Halterungen. Sehr beeindruckend, insbesondere die Größe in der damaligen Zeit.

Zakimi

Ganz anders das Schloss Zakimi in Yomitan-son. Hier bestehen die, auch wieder imposanten Maueranlagen, nicht mehr aus aufgeschichteten Felssteinen, sondern aus behauenen großen Mauersteinen, die sich, vergleichbar wie in Machupichu, lückenlos ineinander fügen, sehr beeindruckend.

Übrigens, jedes Schloss verfügt auch über ein Museum. Moderne Bauten mit großartiger Verwaltung, super guten Toiletten Einrichtungen. Für die Verbreitung der Kultur Okinawas steht wohl sehr viel Budget zur Verfügung.

Shisa

Was uns in Yomitan-son ganz besonders interessierte, und worauf wir auf eine zufällige Begegnung hingewiesen wurden, ist das Atelier der Familie Arakaki. Seit Generationen fertigt diese Familie die Okinawa Shisa. Das sind die Schutzgötter, die jedes Haus in Okinawa am Eingang oder gar auf dem Dach des Hauses zieren. Sie werden in der Form eines Drachens/Löwen/Hundes dargestellt. Meistens kommen sie als Paar, der Linke mit geschlossenem (hält die guten Geister im Haus), und der Rechte mit geöffnetem Maul (wehrt die bösen Geister ab).  Wir lernen Mitsuo Arakaki kennen, spezialisiert auf gute Gesichter seiner Shisa. Er zeigt uns bereitwillig seine Werkstatt, seine bisher gefertigten Shisa, Neuentwicklungen und ein dickes Buch, in dem er die Aufstellung seines 3 Meter hohen Riesendrachen im Kiyomizu Tempel in Kyoto mit hunderten von Fotos dokumentiert hat. Der Head Abt Mori weiht den Drachen ein, wir kennen Herrn Mori und so entspinnt sich ein langes Gespräch über den Kiyomizu Tempel, über Shisa und die Kunst der Familie Arakaki.

Da wir alle Masken tragen können wir das Gesicht von Mitsuo-san nicht richtig sehen. Auf einem Bild zeigt er uns wie er im Gespräch mit einem bekannten Schauspieler fotografiert wird. Unsere Frage, ist das der Schauspieler und deuten auf Mitsuo-san. Als er dann seine Maske für ein Foto mit uns abnimmt, tatsächlich, er sieht aus wie ein Schauspieler, sanftes Gesicht, braun gebrannt, dichte Augenbrauen der Menschen aus Okinawa. Wir sind begeistert und bestellen einen Shisa für uns in Düsseldorf. Allerdings nicht als Figur, sondern als 3D-Tafel mit dem Gesicht eines Shisa und unserem Namen. Eigentlich könnten wir dort den ganzen Tag verbringen, doch schon kommen weitere Kunden, wir verabschieden uns und warten auf die Lieferung des Shisa, die Mitsuo-san für Ende Februar eingeplant hat. Seine Skizze, die gleichzeitig Auftragserteilung ist, fotografieren wir, um die Vorfreude noch zu erhöhen. Nachdem wir sein Atelier verlassen haben, beginnt er schon mit der Arbeit, sonst wird „unser Shisa“ bis Ende Februar nicht fertig. Eigentlich hätte er die Lieferung erst im April vornehmen wollen.

An einem Tag besuchen wir Eugenio und seine Frau Eriko in Onna-son. Diese Stadt liegt am Meer zwischen Bise und Naha, etwa 1:20 Min von Bise entfernt. Hier haben die beiden vor 6 Jahren ein italienisches Restaurant „Mamma Lella“ eröffnet. Super gute Lage zwischen den großen, bekannten Hotels wie dem Hyatt und Interconti und nicht weit entfernt vom „Busena Terrace“, wo vor vielen Jahren der G8 Gipfel durchgeführt wurde. Wir waren vor einigen Jahren auch im Busena gewesen, ein tolles Hotel mit Blick über die Onna-son Bucht mit dem langem Sand Strand und dem Cap Busena. Alle Hotels haben mehrere Restaurants und alle Annehmlichkeiten solcher Spitzenhotels. Doch als Gast möchte man manchmal der Hotelküche entfliehen und sucht dann ein normales Restaurant wie das „Mamma Lella“.

Orecchiette im Mamma Lella

Wir kennen Eugenio aus Yokohama. Er war dort im „Leone Marciano“ der Floor Manager. Sein Freund Luca, verheiratet mit Miye`s Nichte, Gastronom in Nishi Azabu in Tokyo und Eugenio kommen ursprünglich aus Canelli im Piemont. Also unsere Verbindung besteht schon lange und ist freundschaftlich. Bei „Mamma Lella“ haben wir einen Tisch zum italienischen Dinner bestellt. Sie haben lediglich 5 Tische und können nur auf Bestellung arbeiten. Das Lokal ist nur abends geöffnet.

Die Freude uns wiederzusehen ist groß. Eugenio erinnert sich, dass wir abends nicht viel essen möchten. Er stellt ein Menü mit vielem Gemüse zusammen, das wir teilen können. Jetzt ist er auch Chef und kocht was wir gerne haben möchten. Die beiden strahlen ihr Glück aus. Wir sind vom Essen, aber auch von ihrer Ausstrahlung begeistert. Die lange Fahrt und Rückfahrt bei tiefer dunkler Nacht haben sich sehr gelohnt.

Auf dem Weg zum Cap Hedo

Ein Naturerlebnis wollen wir uns nicht entgehen lassen. Hoch im Norden Okinawas liegt der Yambaru National Park „Daisekirinzan“ mit Steinformation, die mehr als 250 Millionen Jahre alt sind. Eine herrliche Fahrt, immer am Meer entlang, um die Berge gewunden wie an der italienischen Riviera. Nur, dass hier das Wetter nicht mitspielt. Je höher wir in den Norden fahren, desto schlechter wird das Wetter. Regen peitscht an die Windschutzscheibe. Cap Hedo im äußersten Norden können wir nur einen kurzen Besuch abstatten, zu windig, zu nass. Dann der „Daisekirinzan“. Wenige Autos parken hier, dennoch, wir wollen diese uralten Steinformationen sehen. Schauen uns im angeschlossenen Museum um. Entscheiden dann wegen des stärker gewordenen Regens und Windes von der Exkursion zu Formationen des Ursprungs der Erde Abstand zu nehmen. Schade. Beim nächsten Mal.

Abendessen@Birth

Am Abend vor unserer Abreise haben wir im „Birth“ noch einmal ein Dinner bestellt. 10 Gänge, wieder hervorragend. Wieder leuchten die Kerzen in den Bäumen über dem frisch, in Wellen geharkten Sandboden, und wieder die Glaskugeln mit den Teelichtern, einzelnen in den Ästen aufgehängt und eingerichtet. Nichts ist Chisato-san zu lästig. Das ist die Art des Service, den wir in Deutschland so vermissen. Es ist fast so, als hätte sie unsere Gedanken gelesen, schon ist unser Wunsch liebevoll erfüllt. Das ist Liebe und Begeisterung, ohne geschäftlich aufgesetzt zu sein.

Service von Chisato-san

Am Tag unserer Abreise wollen wir nur schnell Cornflakes mit Banane essen, wir müssen schon um 8:30 losfahren, vorher noch Koffer packen, den Leihwagen in Naha zurückgeben, Staus einrechnen, also gewisse Reise-Hektik. Natürlich ist Chisato-san schon da. Sie bietet an den Wagen vom Gemeindehaus Parkplatz, gerade mal die 50 Meter zum Haus zu holen, es würde doch regnen. Die Koffer verstaut sie im Wagen, wir prüfen nicht einmal nach, ob alles in Ordnung ist. Wir rauschen ab, sie steht solange vor dem Haus im Regen und verbeugt sich, bis wir um die Ecke hinter den Fukugi Bäumen abgebogen sind, und Chisato-san uns nicht mehr sehen kann. Das ist Omotenashi in Okinawa. Danke.

Service von Chisato-san. Neumond Meerwasser 

Der Rückflug ist unproblematisch. Durch Rückenwind kommen wir teilweise auf einen Geschwindigkeit von 1.145 km/h. So dauert der Flug diesmal nur eine Stunde und vierzig Minuten. In Haneda scheint die Sonne, es ist kalt. Wir fahren mit unserem Auto nach Hause, es hat solange auf uns im Parkhause gewartet.

Wir werden, verliebt in Okinawa, wieder zurückkommen, auch wenn dort das Wetter ausnahmsweise, sehr ungewöhnlich für den Dezember, kalt und regnerisch war.