Manchmal haben wir Lust am frühen Abendein Glas kalten Sake zu trinkenund dazu eine Kleinigkeit,
so wie spanische Tapas auf Japanisch zu essen. Normalerweise laufen wir dann in dieser Stimmung zu Uchida-Biyori, im Nachjacken- und Amüsier-Viertel Noge in Yokohama. Dort sitzen wir am Tresen und lassen uns vom fachkundigen Inhaber eine Sake Sorte empfehlen. Doch heute wollen wir eine Station mit der S-Bahn zu Akatsuki-no-Kura am Yokohama Hauptbahnhof fahren. Wir hatten davon gelesen und wollen es einmal ausprobieren.

Wer das Akatsuki-no-Kura in einer kleinen Nebenstraße, über eine steile Treppe auf der zweiten Etage, das erste Mal besucht benötigt Hilfe. Drinnen ist es ziemlich dunkel, wie in einem schlecht beleuchteten Speicher. Viele junge Leute, die meisten von ihnen mit umgehängter ID, laufen herum. Wir denken sie sind von einer Firma, die hier feiert, oder sie sind Mitarbeiter der Sake Bar. Was uns danach auffällt sind die hundert 1.8 Liter Sake-Flaschen, über zwei Reihen aufgereiht in einem beleuchteten Regal an der Eingangswand. Zwischen den Reihen, unter oder über jeder Flasche fallen die aufgestapelten hölzernen Sake-Kästchen auf. Sie sind bedruckt mit unterschiedlich farbigen Karo-Mustern. Jede Flasche ist mit einem Schildchen versehen, die Erklärung des Inhalts.

Noch bevor sich unsere Augen an die relative Dunkelheit im Akatsuki-no-Kura gewöhnt haben, kommt schon ein junger Kellner und weist uns einen leeren Hochtisch mit Nummer C4 an. Dazu gibt er uns einen kleinen abgegriffenen Holzblock, ebenfalls mit Nummer C4 gekennzeichnet. Das ist also unsere ID für den nun folgenden Sake Abend.

Jetzt erklärt er uns wie wir den Sake auswählen können. Das machen er und seine Kollegen übrigens bei fast allen Neuankömmlingen, wir brauchten uns also nicht zu schämen, das Konzept nicht direkt zu verstehen.

Wir können verschiedene Möglichkeiten für das Sake Tasting wählen:
All You Can Drink – Nomi Hodai – Yen 980 (etwa EUR 8). Dafür können eine ID kaufen, die uns erlaubt   aus fünfzig verschiedenen Sake Sorten auszusuchen und so viel zu trinken wie wir möchten oder können. Das Glas jeweils mit 45 oder 90 cc.
Oder wir kaufen eine ID für Yen 1.480 (etwa EUR 12), jetzt können wir aus hundert verschiedenen Sake Sorten und ein Glas Draft Bier auswählen. Dazu zählen dann auch bessere oder bekanntere Sorten. Natürlich gilt auch hier Nomi Hodai. Allerdings nur bis 19:30, danach ist eine Verlängerung notwendig, extra Kosten Yen 1.000 (EUR 8).
Wir möchten nur wenig Sake trinken, deshalb wählen wir den Sake aus, den wir trinken möchten und zahlen später nur das, was wir getrunken haben. Es gibt auch eine kleine Speisekarte, Bier und andere Getränke, die natürlich extra bezahlt werden.

Diejenigen, die sich für eine der beiden Nomi Hodai Arten entschieden haben, und das sind die Meisten, werden mit einer sichtbar um den Hals getragenen ID versehen, die sie sofort als Nomi Hodai Trinker (Yen 980 oder Yen 1.480) kenntlich machen.
Also, diese Menschen mit den um den Hals gehängten IDs sind keine Mitarbeiter, oder Kunden von Firmen, die noch ihre ID tragen. Nein, sie tragen nur diese ID, um am Ausschank anzuzeigen, dass sie im All You Can Drink Verfahren behandelt werden sollen.

Jetzt geht man zur Sake Wand und soll den Sake seiner Wahl aussuchen. Ein schwieriges Verfahren. Die Flaschen sind wie bei Weinen mit unterschiedlichsten Etiketten versehen, natürlich in Japanisch. Das dazu gehörende Schildchen mit den Erklärungen, auch in Japanisch. Zwar sind ist der Sake nach Regionen  gekennzeichnet und geordnet, aber für den Nichtkenner ist es schwer seinen Favoriten zu finden, also bestellen wir nur jeweils 45cc, damit können wir verschiedene Sorten ausprobieren.

Auch hier benötigen wir wieder Hilfe. Welcher Sake ist trocken, welcher leicht moussierend, welcher süßlich …. Na ja, so richtig weiß unser junger Kellner auch nicht Bescheid, aber so in etwa die Richtung. Wir gehen zum Sake Regal, wählen eine Sorte aus, nehmen das darunter oder darüber stehende Sake-Kästchen mit den unterschiedlich gefärbten Karomustern aus dem Regal. Mit diesem Kästchen und unserer ID vom Tisch gehen wir zum Ausschank, hier wird uns ein Glas des ausgewählten Sake aus dem Kühlschrank, je nach Wunsch mit 45 oder 90 cc gefüllt, übergeben. Anhand der ID wird unsere Bestellung auf einem iPad registriert. Jetzt erst können wir probieren, was wir ausgewählt haben. Die entsprechenden Kleinigkeiten aus der Küche werden separat bestellt und an den Tisch geliefert.

Der Laden wird voller und voller, es gibt hauptsächlich diese Hochtische mit vier, ziemlich unbequemen, hohen Holzhockern. Nur ganz hinten im Lokal sehen wir einen längeren Tisch über Eck, an dem einen kleine Gruppe sitzt. Mit Nomi Hodai ID.

Wir können beobachten wie oft manche Gäste zum Sake Regal gehen und sich ihren ausgewählten Sake am Ausschank abholen. Mit der Zeit laufen ihre Gesichter immer roter an, ihr Gang wird schwerer, die Unterhaltungen untereinander fröhlicher. Herrlich. Eine beschwingte, Sake getränkte, anregende Stimmung breitet sich aus. Es kommen immer mehr junge Leute ins Akatsuki-no-Kura. Und immer wieder beginnt die Einführung erneut.

An einer Ecke entdecken wir ein fröhliches Hinweisschild, das in lustiger Form besagt, dass keine Damen oder Herren belästigt werden sollen. Sehr wahrscheinlich wird der Hinweis zu fortgeschrittener Stunde notwendig sein, besonders bei den durchaus sehr zivilen Preisen. In Deutschland stünde hier bestimmt ganz ernsthaft: Anmachen Verboten!

Wir trinken an diesem frühen Abend drei verschiedene, kleine 45cc Sake, essen ein paar Kleinigkeiten und sind um eine Erfahrung reicher. Ein ungewöhnliches Konzept, großer Zulauf von jüngeren Leuten. So wird in Japan durch neues Markting wie im Akatsuki-no-Kura Sake für junge Japaner populär gemacht. Während sie noch lieber Bier, Shochu-Mix, Wein, Cocktails oder sonstige moderne Getränke bevorzugen, hat sich Sake in seinen verschiedenen Formen, ob kalt oder warm getrunken, im Ausland bereits Marktanteile erobert.
Uns hat es im Akatsuki-no-Kura gefallen, wir möchten mit Freunden zurückkommen und weitere Sake Sorten ausprobieren.