Japanreise Teil 5.

Eineinhalb Stunden und wir sind mit dem Tohoku-Shinkansen von Sendai schon in Tokyo/Station http://de.wikipedia.org/wiki/T%C5%8Dhoku-Shinkansen

Es ist der Beginn der Goldenen Woche in Japan. Was für ein Gewusel in dieser Ansammlung von unterschiedlichen Shinkansen, S- und U-Bahnhöfen, Kaufhäusern, Restaurant- Malls und Obento Läden über mehrere Etagen, unübersichtlich.
http://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Tokio

_DSC3577_1Uns wird schnell aufgezeigt, dass hier ohne Vorbuchung nichts geht. Unsere Idee das Handgepäck bei Kuro Neko Yamato (Schwartze Katze), dem führenden japanischen Tür-zu-Tür Lieferanten, bis zum Hotel in Yokohama aufzugeben und noch heute dort anzuliefern, wäre fast gescheitert. Lange Warteschlangen, schwüle, drückende Luft, unsichere, ein wenig genervte Ausländer und viele, viele ruhig wartende Japaner, alle mit großen Koffern. Sie alle standen bestimmt schon seit Stunden beim Yamato Counter im Untergeschoss des Tokyo Station an.
Im Vergleich dazu war die bereits vorab geschilderte Schlange zum Frühstück im Hotel Kanyo in Minami Sanriku  „peanuts“ dagegen! Und hier sollten wir uns einreihen, um unser Handgepäck nach Yokohama schicken zu lassen?
Doch dann die Erlösung. Diese Leute standen an, um ihren Koffer für den Tag aufbewahren zu lassen. Da alle Schließfächer bereits belegt waren, mussten sie warten, bis sie an die Reihe kamen. Wir rechneten schnell um, halber Tag Wartezeit, halber Tag Sightseeing. Nichts für uns. Glücklicherweise war unsere Schlage am Versandtisch nur kurz. Jetzt schlug die Stunde der Praktiker. Unsere bereits vorbereiteten Versandpapiere hätten ja an jedes Handgepäck gehängt werden und dann einzeln ans Hotel in Yokohama geschickt werden können.
_DSC3585_1Aber die zierlichen Mädchen am Yamato Tisch hatten eine bessere Idee: Sammlung verschiedener Taschen, Rucksäcke und Schirme und Verteilung auf Kartons, die sie einfach ineinanderschoben und zu kleinen „Fertighäusern“ verbanden.Sie dachten zunächst nur an den Vorteil des Kunden, nicht an ihr Geschäft. So verbanden sie in je einem Karton sechs Gepäckstücke und schicken dann lediglich zwei Kartons nach Yokohama. Sie hätten ja auch zwölf Einzelstücke berechnen können! Wir alle staunten über den flotten Service. Und das alles in einer hektischen, stickigen Atmosphäre, wo jeder seinen Koffer nur schnell loswerden wollten, um endlich ans Tageslicht zu kommen. Um jetzt Tokyo zu sehen. Bewunderung für diesen Service.

Wir kauften in den vielen Obento-Läden http://de.wikipedia.org/wiki/Bent%C5%8D etwas zu essen und zu trinken, waren dann gewappnet Tokyo ohne lästiges Gepäck zu erobern.
Die großen Koffer waren schon von Sendai direkt nach Yokohama ins Hotel unterwegs,
zusammen mit dem Übernachtungs-Handgepäck sollten sie heute Abend wieder im Hotel sein und bereits auf die Zimmer geliefert werden. Welche ein komfortabler Tages-Service.

_DSC3589_1Im Untergeschoss konnten wir auch die alte Bauweise des Tokyo Station bewundern, es wurde damals mit roten Backsteinen gearbeitet, mehr konnten wir in der Eile nicht sehen. Der Ausgang Marunouchi dann eine erste Überraschung: eine hohe Kuppel mit Empore, ein Baustil aus dem 19. Jahrhundert, seit ein paar Monaten wunderbar renoviert. Darunter standen Touristen und machen ungläubig ihre Fotos. Wir auch. Unser erstes Ziel war „Kitte“, die Briefmarke. http://jptower-kitte.jp/en/
Erst seit ein paar Monaten eröffnet, ist es Tokyos neuestes Bürogebäude mit Shopping Malls über mehrere Etagen. _DSC3604_1Das war früher das trockene Postamt mit der Tokyo Postverwaltung. Heute eröffnet sich ein weiter, lichtdurchfluteter Innenraum mit außergewöhnlich geschmackvollen Läden auf den oberen Etagen. Darüber das eigentliche, 200 Meter hohe, Bürogebäude mit seinen markanten, dunklen Glasscheiben. Eine großartige architektonische Leistung. Im Gebäude ist sogar noch das Büro des früheren Vorstehers im Original erhalten geblieben und kann heute wie in einem Museum besichtigt werden. Das modernste Postamt, das wir je gesehen haben, ist natürlich auch noch da und war selbst am Feiertag geöffnet. Hier konnten wir am Automaten, ohne am Schalter anstehen zu müssen, in Minuten Geld mit der EC- oder Kreditkarte ziehen.
Schade, vor den Aufzügen zum Aussichtsdachgarten auf der  6. Etage hatten sich schon lange Schlangen mit längeren Wartezeiten gebildet, also wollten wir, ganz clever, die Rolltreppe nehmen. Aber auch hier: noch längere Schlangen mit noch längeren Wartezeiten. Wir waren ein wenig naiv gewesen zu erwarten, dass wir die einzigen wären, die die Rolltreppen benutzen wollten. Hier wälzten sich unvorstellbare Menschenmassen zu den Aufzügen und Rolltreppen. Vielleicht stimmt der Vergleich: Weihnachten im deutschen Kaufhaus „Hoch drei“. So nahmen wir nur einen Blick vom Straßenniveau auf den sehr schön restaurierten Tokyo Station, ein Gebäudekomplex  im Stil des Amsterdamer Bahnhofs.

_DSC3613_1Im Sightseeing Bus (Doppeldecker) rund um den Kaiserpalast, Abfahrt gleich gegenüber dem Postamt, hatten wir zwar reservierte Plätze auf dem Oberdeck.Aber vor dem Ticket Verkaufsschalter der nächste kleine Schock, denn auch hier gab es wieder für den Ticketkauf eine endlos lange Warteschlange. Zum Glück hatten wir bei unserer Vorab-Inspektion den dringenden Hinweis befolgt, unsere Plätze schon vorab zu reservieren – so konnten wir uns an der Schlange vorbei die vorbestellten Karten abholen. Welch ein Glück!!

Herrlich dann in der Sonne unsere mitgebrachten Obentos zu essen und die Welt um den Kaiserpalast von oben zu sehen. So bekamen wir einen ersten Eindruck von der Weite der Innenstadt inTokyo mit dem weltstädtischen Verkehr. Wir konnten einen kleinen ersten Blick auf den Kaiserpalast mit seinen grauen, steinernen Befestigungswällen und den Wassergräben rundherum, auf das Parlament, Marunouchi http://de.wikipedia.org/wiki/Marunouchi, das Bankenzentrum Tokyos und Teile der Ginza, der Königsalle bzw. Champs Elysees Tokyos, werfen. http://de.wikipedia.org/wiki/Ginza

Wir beschlossen danach einen Fußmarsch durch Marunouchi zur Ginza zu machen, um uns dort dem Einkaufsrausch bei Uniqlo http://www.uniqlo.com/jp/ auf der Ginza hinzugeben.
Uniqlo war schon auf der Reise vor drei Jahren häufiges Anlaufziel. Fast jeder Reiseteilnehmer kaufte damals dort die beliebte Daunenjacke, die wir jetzt schon fast als Uniform tragen können. Der Laden auf der Ginza hat 11 Etagen und gilt als großer Flagship Store.Diesmal gab es ein anderes Saisonsortiment, so dass wir die Aufträge unserer Freunde aus Düsseldorf nicht erfüllen konnten. Dafür gab es eben etwas Anderes zu kaufen.

Die internationalen Läden in Marunouchi hätten auch in Berlin oder Paris sein können. Nur die schachbrettartig angeordneten Straßenzüge und die Namen der Gebäude, meistens als „Mitsubishi XX Building“ gekennzeichnet, sind doch eher typisch für Tokyo. Die rechtwinklige Anordnung der Straßen rührt noch aus der Zeit her, als hier die Daimyos (Fürsten) http://de.wikipedia.org/wiki/Daimy%C5%8D der einzelnen Fürstentümern ihre Wohnquartiere ganz in der Nähe zum Palast des Shoguns (heute Kaiserpalast) unterhalten mussten. Hier lebten ständig ihre Frauen und Familien, die Daimyos hatten jeweils ein halbes Jahr am Hofe des Shoguns zu sein, so wohnten sie dann in dieser Zeit auch dort. Diese Quartiere sind heute den Bürogebäuden gewichen.

Die Ginza war von der aus Japanfotos bekannten Kreuzung ab für den Verkehr gesperrt, http://www.google.de/search?q=ginza+crossing&hl=de&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=yGiMUdTvJcXQkgXzn4HgAQ&sqi=2&ved=0CDMQsAQ&biw=1366&bih=580
Wir gingen jeder unserer Wege, hatten aber einen Treffpunkt mit Zeit für die gemeinsame Bahnfahrt nach Yokohama ausgemacht. Wo trafen wir uns alle wieder? Beim Bummel durch die Etagen von Uniqlo. Der Fussmarsch zur Shimbashi Station
http://en.wikipedia.org/wiki/Shimbashi_Stationüber die Ginza führte uns vorbei an den Gebäuden mit Geschäften der großen Markennamen. 40 Minuten später waren wir schon in Yokohama Sakuragi-cho Station. http://en.wikipedia.org/wiki/Sakuragich%C5%8D_train_fire
Die erste Eisenbahn Japans verlief übrigens bereits 1872 von Yokohama Sakuragi-cho nach Tokyo Shimbashi. Es wird berichtet, dass die eingeladenen Gäste damals vor dem Waggons wie gewohnt ihre Schuhe auszogen und auf der Plattform stehen ließen. Wie verwundert sie waren, dass ihre Schuhe dann in Shimbashi nicht mehr da standen….

Das Hotel in Yokohama Minato-Mirai war allen Reisenden von den Reisen vor sechs und drei Jahren her bekannt. Es war eigentlich so, wie nach Hause zu kommen. Was dann doch noch passierte und wie ein rettender Engel einsprang, auf:
https://shoganai.com/2013/05/typisch-japan-helfender-engel-kuro-neko-yamato/#more-995

Der kommende Tag, Tokyo:
Mit der S-Bahn sind es knapp 60 Minuten von Yokohama Minato-Mirai http://en.wikipedia.org/wiki/Minato_Mirai_21 bis nach Tokyo Asakusa.
Der Tag wurde zum Handwerkstag ernannt,  wir wollten im alten Viertel Tokyo Asakusa 
http://de.wikipedia.org/wiki/Asakusa auf der Kappabashi-Dori http://en.wikipedia.org/wiki/Kappabashi-doridie naturgetreuen Speiseauslagen in den Restaurants aus Wachs einmal selbst herstellen.
http://www.google.de/search?q=kappabashi.dori&hl=de&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=wGqMUfHRLYSWkwWx84CYDQ&ved=0CDgQsAQ&biw=1366&bih=580

Was für ein Spaß. Im Ganso Sample Shop www.ganso.sample.com auf der Kappabashi-Dori wurden uns Plastikschürzen ausgehändigt, geprüft, ob wir die Heißwasser Temperaturen an unseren Händen vertragen können und dann ging`s schon los.

Wir stellten unter Anleitung Eisbergsalate sowie naturgetreue Nachbildungen von frittierten Scampi oder Kürbisstücken her. Für den Eisbergsalat wurden zwei verschiedenfarbige Flüssigwachse benötigt. Zunächst wird ein hellfarbiger Wachs auf die Oberfläche des heißen Wassers gegeben, der dann mit dem Schöpflöffel geglättet wird, anschließend wir hellgrünes Wachs so verteilt, dass es sich mit dem hellen Wachs verbindet. Das Ganze wird danach mit zwei Fingern unter Wasser gedrückt und dann zu sich herangezogen. Dabei bildet sich eine große Blase aus grünem Wachs, das an der Luft sofort trocknet und etwas anhärtet.
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Wax Essen
Es wird dann zusammengelegt und sieht dann aus wie ein runder Kopf Eisbergsalat, innen etwas heller (heller Wachs) und außen in den natürlichen, verschiedenen Grüntönen. Durchgeschnitten sieht es verdammt echt aus. Wir waren, mit Assistenz, schon zu kleinen  „Meistern“ geworden. Die frittierten Scampi bzw. Kürbisteile wurden in ähnlicher Weise hergestellt. Das gelbliche Wachs wurde von der Oberfläche des heißen Wassers um ein Plastikscampi mit dem rot schimmernden Schwanz gewickelt, es schaute dann nur noch das rötliche Schwänzchen des Plastikscampi heraus. Echt, wie auf dem Teller serviert.
Jeder war von seinem Meisterwerk begeistert und nahm das Ergebnis mit nach Hause.

IMG_1810_1Direkt um die Ecke von Ganso ist das kleine Asakusa typische Monja Restaurant.
Hier werden an kleinen Tischen mit einer heißen Platte, vor den Augen des Gastes, die japanischen Pfannkuchen,  Okonomiyaki 
http://de.wikipedia.org/wiki/Okonomiyakiin den verschiedenstenFormen zubereitet. Der mit Gemüsen durchsetzte gebackene Teig wird je nach Garzeit mit einem kleinen Spachtel von der heißen Platte genommen und gegessen. Ein Riesenspaß nach all den „Gourmet“ Essen der vergangenen Reisetage.

Auf dem Weg zum Asakusa Kannon Tempel http://de.wikipedia.org/wiki/Asakusa-Schreinsehen wir immer wieder den Tokyo Skytree http://de.wikipedia.org/wiki/Tokyo_Skytreemit 634 Metern der höchste Radio/Fernsehsendeturm der Welt und höchstes Gebäude Japans. Dieser Turm überragt alle Gebäude in dieser Gegend und ist schon allein wegen seiner Netzkonstruktion nicht zu übersehen.

Im Asakusa Kannon Tempel Bezirk gibt es drei Dinge, die jedem Besucher dort auffallen:
die siebenstöckige Pagode, das große Becken mit den Räucherstäbchen, an dem sich der Besucher mit der Hand den Rauch dorthin wedelt, wo er Beschwerden hat, die dadurch gelindert werden (sollen), und die eindrucksvolle, enge, immer menschenüberfüllte Ladengasse mit hunderten von Souvenir- und Gebäckläden, die zum Tempel führt.

_DSC3992_1Immer wieder lasen wir zum Zeitpunkt unseres Aufenthaltes in der englisch-sprachigen Zeitung, dass es durch den Besuch von Politikern und Ministern im Yasukuni Jinja https://de.wikipedia.org/wiki/Yasukuni-Schrein zu Verstimmungen zwischen China, Süd-Korea und Japan kommt. Um sich ein Bild von diesem Shrine machen zu können, wollte unser Gruppe den Yasukuni Shrine besuchen.
Was nachhaltig beeindruckte, war nicht der Shrine selbst, sondern das angeschlossene Museum mit den für Japan historisch bedeutsam Nachlässen gefallener Soldaten und alten Waffensystemen, http://www.yasukuni.or.jp/english/index.html
 u.a.“Kaitenhttp://de.wikipedia.org/wiki/Kaiten, ein menschliches Torpedo sowie Kampfflugzeuge.
Zusammen mit der Eintrittskarte bekamen wir die „letzte Nachricht“ vom 5. Januar 1943 des später gefallenen 25 jährigen Leutnants Taro Nagasaki sowohl in englischer als auch japanischer Sprache ausgehändigt. Solche herzergreifenden Nachrichten werden im Museum zusammen mit den Bildern der Gefallenen zu ihren Ehren gezeigt.

Den Abend verbrachten wir in Yokohama am Oh-oka Fluss in einer lässigen italienischen Kneipe. So einen Laden wünschte sich jeder in seiner Umgebung, er würde sofort zum „Hausitaliener“ aufsteigen.

Die Fortsetzung „Yokohama und das Ende der Reise“ folgt im nächsten Mail Magazin (Teil 6.)

Bilder : Teilweise von Uli Richter