Was uns in Japan auffällt:

Eine Reise nach Shikoku http://de.wikipedia.org/wiki/Shikoku

Wer nach einem 1:20h Flug von Haneda nach Kochi – auf der kleinsten Hauptinsel Japans Shikoku landet – kommt an Sakamoto Ryoma http://de.wikipedia.org/wiki/Sakamoto_Ry%C5%8Dma nicht mehr vorbei. Ryoma, am 14.11.1835 in Kochi geboren, gilt in Japan als der große Reformer und wird deshalb noch heute sehr verehrt. Ihm war es im Alter 28 Jahren gelungen eine Allianz gegen das regierende Shogunat zusammen zu bringen und in der unblutigen Meji Restoration Japan auf Modernisierungskurs zu bringen. Schon mit 33 Jahren fiel er allerdings einem Attentat zum Opfer.

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Und dann die vielen Pilger, die auf insgesamt 1.400 km 88 Tempel auf Shikoku erwandern. Sie fallen auf in ihren weißen Pilgerjacken, manchmal auch –Hosen, einer weißen Umhängetasche, dem typisch asiatischen Strohhut und einem oder zwei Wanderstäben. Sie sind meistens allein oder in kleinen Gruppen unterwegs. An allen Tempeln treffen wir sie wieder. Allein der Weg ist beschwerlich – so sahen wir Pilger, die die hölzernen Wanderstäbe an den Griffstellen mit Plastik umwickelt hatten, weil ihnen der direkte Kontakt mit dem Holz bereits Blasen an den Händen verursachte. Dann liegen die Tempel meist auf Bergen, die nur mit weiterer Mühe und dazu auch noch über lange, steile Treppen, mit unterschiedlichen Treppenhöhen, zu erreichen sind, was nochmal zu einer besonderen Schwierigkeit beiträgt. Es erinnert an den Jacobsweg – nur eben auf Japanisch. Ein junger Mann mit dickem Rucksack sagte uns auf Befragen, ob es denn schwer wäre für ihn die steilen Stufen mit dem Rucksack herauf zu gehen: „Nein gar nicht, ich habe ja ein Ziel“. Wow!

IMG_5037_1_1IMG_5051_1_1Verehrt wird auch der damals, vor etwa 1200, Jahren, erst 19 jährige Mönch Kobo Daishi, besser bekannt unter seinem Namen Kukai http://de.wikipedia.org/wiki/K%C5%ABkai. Er bewohnte am Kap Muroto http://de.wikipedia.org/wiki/Muroto eine Höhle, die durch den Wellenschlag tief im porösen Lavagestein entstanden war. In der Nebenhöhle hatte er täglich meditiert, und das tun heute noch die bereits erwähnten Pilger. Wir sahen einen jungen Mann, der in der Höhle mit wunderbarer Bassstimme buddhistische Texte rezitierte. Wenn man noch heute aus der Höhle in Richtung Meer blickt, sieht man am Ausgang nur noch das Meer und den Himmel. Genauso hatte das Kobo Daishi gesehen. Kukai (Ku – Himmel, Kai – Meer), unter diesem Namen wurde er dann bekannt und verehrt: Kukai. Direkt neben der Höhle steht jetzt seine weiße, alles überragende Statue.

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Auf der Fahrt von Kochi kamen wir an vielen kleineren Fischerdörfern vorbei. Die Boote liegen zum Schutz vor Tsunamis meist hinter dunklen, vielleicht 5 bis 8 Meter hohen Hafenmauern. Ein zunächst ungewohnter, abweisender Anblick. Die Dörfer selbst hatten wohl schon mal bessere Tage gesehen, was hier auffiel: das schönste und größte Gebäude in den Dörfern war jeweils die Genossenschaftsbank com.Bank.

IMG_5080_1Eine kleine Ausnahme ist das alte Dorf Kiragawa. Herrliche alte Häuser, teilweise mit dem weißen Kalk der Gegend gegen die harschen Winde und Taifune verbrämt. Hier fällt der Regen nicht senkrecht, sondern eher durch die starken pazifischen Winde waagerecht. Dieser Ort lädt zu einem Rundgang durch die schmalen Gassen ein. Und plötzlich öffnen sich die niedrigen Türen zu einem alten, durch viele kleine Häuser, Innengärten und Speicher verschachtelten, Anwesen. Heute das „Cafe Hütte“, das Pilger und Reisenden einlädt. Die Vorfahren der Cafe-Haus Wirte betrieben hier früher eine Schiffsagentur für die japanweite Holzkohle Verschiffung. Wir konnten es noch sehen, hier gab es mal großen Reichtum, von dem die beiden Alten heute noch leben können. https://www.facebook.com/pages/%E8%94%B5%E7%A9%BA%E9%96%93%E8%8C%B6%E9%A4%A8/290395644420500?sk=info&ref=page_internal Die qualitativ hochwertige Holzkohle, auch bekannt als Binchotan: http://en.wikipedia.org/wiki/Binch%C5%8Dtan aus Kiragawa wird heute kaum noch, außer für Teezeremonien und in besonders guten Yakitori (Hühnerspießchen) Restaurants, verwendet. Also schläft das Dorf ein, junge Menschen gehen in die Großstädte. Die Alten bleiben zurück, träumen von den Zeiten, die nie wieder kommen werden. Ein bekanntes Phänomen in allen Teilen Japans.

Das Kap Muroto wurde von Vulkanausbrüchen, Erdbeben, Taifunen und Tsunamis gestaltet und ist auch heute noch davon geprägt. Der „Muroto Global Geo Park“ http://www.muroto-geo.jp/ führt direkt am Meer her. http://de.wikipedia.org/wiki/Geopark#Globales_Netzwerk_der_UNESCO-Geoparks

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Hier können wir heute noch sehen, wie die Landschaft in den vergangenen 50 – 16 Mio. Jahren entstanden ist, wie Naturereignisse die heute so interessanten, verschiedenen Gesteins- und Lavaformationen geformt hatten. Der für den Ausgang von Erdbeben so berüchtigte Nankai Graben ist nur 150 km von dieser Küste entfernt. Gerade dort schiebt sich die Pazifische Platte unter die Continental Platte und erzeugt somit hin und wieder heftige Erdbeben in der Gegend um Kochi, was uns eigentlich erschreckt. Doch fröhlich wird in einem Werbeprospekt für diese Gegend damit geworben, dass sich das Kap Muroto immer in Bewegung befindet! Eine etwas andere Betrachtungsweise…

Das Ziel unserer Reise war das Hoshino Resort Utoco Auberge & Spa http://utocods.co.jp/en/welcome.html . Wie so etwas Futuristisches ans Ende der japanischen Welt gelangen kann, wird wohl dem weltweit einzigen Deep Sea Water Institut, das in direkter Nachbarschaft liegt, zu verdanken sein. https://www.pref.kochi.lg.jp/soshiki/151407/eigo-top-page.html

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Allein schon der Empfang war anders, als gewohnt. Direkt neben der runden Empfangstheke ging es in das riesige Deep Sea Salzwasser Schwimmbecken. Ungewohnt, obwohl es auf 36°C beheizt ist, es riecht nicht. IMG_5028_1Alles in coolem weiß, weiß, weiß. Diese Rezeption war eigentlich nur der Anlaufpunkt. Wir wurden von dort in unser Zimmer geleitet, erst da wurden die Check In Formalien und Einweisung in alle Fazilitäten vorgenommen. Auch im Zimmer, alles in coolem weiß. Blick auf Augenhöhe durch die Vollverglasung direkt aufs Meer. Das gesamt Hotel besteht nur aus einem Geschoß, alle Zimmer gehen somit aufs Meer hinaus. Da es ringsum sowieso nicht anders gibt, wird das Abendessen im ebenfalls coolen Restaurant eingenommen. Japanisch/italienisches Sterne Dinner!! Erstklassiger, kaum zu beschreibender, japanischer Service.

Und tagsüber Salzwasser Schwimmen, Geo Park Wandern, Leuchtturm und Tempel- Besichtigungen….

IMG_5017_1Wer hätte gedacht, dass im nahe gelegenen Dorf Kitagawa der Garten von Claude Monet mit seinem Haus (heute Cafe) nachgebaut wurden? http://www.kjmonet.jp/english.html An manchen Stellen waren wir versucht uns die Bilder von Monet ins Gedächtnis zu rufen, so originalgetreu, inkl. kleiner, hellgrüner Boote und Parkbänke, wurde hier alles nachgestaltet und unglaublich gut gepflegt.

IMG_5113_1Ziel für eine weitere Übernachtung auf dem Rückweg nach Matsuyama war die heute fast immer noch versteckte Gegend tief in den Bergen und Tälern von Shikoku, rund um das Iya Tal, Es ist eigentlich schon klar, dass der Ryokan auch hier wieder etwas besonderes zu bieten hatte: Zimmer mit Rotemburo (Bad im Freien) auf der außenliegenden Terrasse, etwa 70 m über dem Fluss. http://wikitravel.org/en/Iya_Valley . In diese unwirtlichen, im 12. Jahrhundert kaum zu begehenden Berge und tiefen Täler flüchteten die vom Genji (auch Minamoto genannt) Klan http://de.wikipedia.org/wiki/Minamoto geschlagenen Krieger des Heike Klans, auch Heishi oder Taira genannt, http://de.wikipedia.org/wiki/Taira um sich vor weiteren Nachstellungen in Sicherheit zu bringen. Atemberaubende Ausblicke auf das tiefe Tal des Yoshino Flusses. Felsformationen beiderseits des Flusses in OBOKE, die vor etwa 200 Mio Jahren durch immensen Wasserdruck unter dem Meer entstanden sind. Wir haben nur eine kleine Bootsfahrt durch die Urformationen unternommen. Wer Rafting Angebote in Japan sucht, wird hier fündig werden.

IMG_5116_1_1Das größte Erlebnis im Iya Tal ist nicht das Bad in 70 Metern Höhe, sondern die Überquerung des 14 m tiefen Flusstals über die etwa 45 m lange Kazura Bashi Brücke geflochten aus Weidenästen und Lianen. http://www.japan-guide.com/e/e7828.html, http://www.tourismshikoku.de/tourist-information/kazurabashi-bruecke-in-iya#HeaderMenu Es ist unglaublich, wie sich die mutigen, japanischen Alten, selbst an Stöcken gehend und mit krummen Rücken, über diese schwankende Brücke mit den breiten Aussparungen nach jeder schmalen Bodenlatte, bewegen konnten. Ziemlich gefährlich, aber das musste wohl noch sein, nachdem sie den ganzen Tag im Bus gesessen hatten!

IMG_5138_1_1Die Fahrt wieder raus in die Zivilisation über die Route 32 ist ein verkehrstechnisches Glücksspiel. Eigentlich ist das eine Einbahn-Pass-Straße mit wildem Gegenverkehr. Halsbrecherische Kurven, überall sichtbare Steinschläge. Verrostete und total zerdepperte Leitplanken zeugen von manch schwerem Unfall trotz vieler Übersichtsspiegel, um sehen zu können, wer um die nächste Ecke kommt. Und dann, wenn jemand entgegenkommt, es gibt kein Problem. Man einigt sich durch Handzeichen, jeder ist dann bemüht soweit zurückzufahren, um den andern an einer Ausweichstelle vorbeizulassen. Das ist etwas für echt dicke Nerven! Wir fanden es herrlich: Im Ryokan wurden wir schon darauf vorbereitet, dass diese Strecke nur etwas für „skillfull dirvers“ sei. Wer fühlt sich da nicht herausgefordert? So eine Strecke würde in Deutschland erst gar nicht erlaubt sein, allein schon wegen des massiven, überall an den Spuren auf der Straße leicht zu erkennenden Steinschlags. Über die Route 32 fährt sogar ein kleiner Linien Bus, denn irgendwo auf dem Weg steht als Touristenattraktion ein Manneken-Pis. Wir haben aufgehört in Japan nach einem Sinn zu fragen. In unserem Ryokan stand auf des Daches Zinnen ein dicker Dachs, der fröhlich ins von da 90 m tiefe Tal pinkelte!! Auch als Attraktion?

Dann Imabari. http://www.city.imabari.ehime.jp/multilingual.html Was an dieser Website auffällt ist die Übersetzung ins Englische per Google Übersetzungstool. Das wirft auch ein Licht auf Japan, wo noch längst nicht alle Informationen mehrsprachig zur Verfügung stehen. Imabari, eine Stadt an der Inlandsee zur Hauptinsel Honshu. Die Stadt wurde bekannt durch ihre gewebten Baumwolle Handtücher und die große Imabari Schiffswerft. Handtücher können die Chinesen heute preiswerter herstellen, deshalb gab es in der jüngsten Vergangenheit einen ziemlichen Niedergang dieser Industrie in Imabari. Doch dann besann man sich auf seine Stärken. Imabari wurde zu einer Marke aufgebaut, vergleichbar mit Solingen, nur eben für Schneidwaren. In Imabari werden jetzt die sehr beliebten, flauschigen Handtücher und Schals von besonders hoher Qualität, zu ganz erschwinglichen Preisen und in modernen Designs hergestellt. http://www.imabaritoweljapan.jp/en/index.html Wer etwas Besonderes haben möchte kauft einen Imabari Schal, oder eben diese wunderbaren flauschigen Handtücher, die durch ihre hohen und eng beieinander liegenden Schlingen besonders gut abtrocknen. So hat sich diese Industrie an die neuen Gegebenheiten angepasst. Das nennt man heute fachtechnisch Resilienz.

IMG_5150_1_1In Imabari fällt jedoch noch etwas ganz besonders ins Auge: die Hochseebrücke, Shimanami Kaido mit der Kurushima O-hashi (Brücke). http://www.japan-guide.com/e/e3478.html die über verschiedene kleinere Inseln Shikoku mit Hiroshima auf der Hauptinsel Honshu verbindet. Ein imposantes Bauwerk, auf das die Japaner besonders stolz sind und es auch sein können.

Unter der Rubrik „Was uns in Japan auffällt“ werden wir in Kürze weitere Themen behandeln.