Update: Tohoku, Kinderhaus in Ohzashi und was passiert zur Zeit in Fukushima

Taifun No. 26 hat auf der weit vor Tokyo vorgelagerten Insel Oshima genau vor einem Monat noch zu 35 Toten, immer noch vier vermissten Personen, zu weiteren Erdrutschen und Verwüstungen durch anhaltenden Regen geführt.
Glücklicherweise ist der verheerende Taifun No. 30 diesmal nicht nach Japan gekommen, er hat als Hurrikan „Haiyan“ Teile der philippinischen Insel Leyte zerstört. Die Welt ist in Unordnung geraten und wir alle sind ein Teil dieser Unordnung.

Update: Tohoku

Zunächst: etwa 480.000 Menschen lebten nach dem Erdbeben mit dem Tsunami am 11.März 2011 in temporären Unterkünften, wie wir sie ja bereits ausführlich beschrieben hatten. Jetzt, 2 ½ Jahre später ist diese Zahl auf etwa 280.000 gesunken. Bis März 2016 sollen diese Menschen zu 80 – 90% wieder unter normalen Umständen in Häusern leben, die von den Präfekturen bzw. der Regierung zurzeit gebaut werden.

Die Sekretärin unserer Freunde vom LIONS Club Shiogama berichtete uns gestern, dass sie auch weiterhin Spendenaktion für die Betroffenen in Tohoku durchführen. Viele Mitglieder aber für den Wiederaufbau ihrer  eigenen Geschäfte selbst sehr viel Energie und Kraft benötigten. Sie sind deshalb verständlicherweise ein bisschen müde geworden. Das ist die Sorge der Sekretärin….

Update: Kinderhaus in Ohzashi

Auch durch die finanzielle Unterstützung unserer Freunde aus Deutschland steht im Dezember das Kinderhaus in Ohzashi bereits seit zwei Jahren. Die Fischerfamilien leben allerdings immer noch in ihren Container Häusern direkt neben dem Kinderhaus. Sie haben sich zur ersten Aufgabe gemacht  ihre Geschäftsgrundlagen aufzubauen, denn ohne diese können sie ihre Familien nicht ernähren. Erst dann sehen sie, wo sie später bauen und wohnen können.

Prof. Yamane und sein Team von Unterstützern werden jetzt noch weitere drei Jahre für alle Kosten im Zusammenhang mit dem Kinderhaus aufkommen. So muß u.a. in den kommenden Tagen die Miete mit dem Eigentümer des Grundstücks neu verhandelt und verlängert werden. Außerdem müssen verschiedene Reparaturen am Haus gemacht werden. Durch die vielen Taifune in diesem Jahr gab es doch einige Beschädigungen. Die Spendenbereitschaft hat wohl auch in Japan nachgelassen, zumal….

…jetzt der Hurrikan „Haiyan“ auf den Philippinen zugeschlagen hat. Mit dem durch die starken Stürme ausgelösten Tsunami hat Haiyan ähnliche  Verwüstungen wie in Tohoku angerichtet. Die Menschen hauptsächlich in Tacloban auf der Insel Leyte, mit etwa 200.000 Einwohnern, benötigen umgehend Hilfe, so wie es nach dem 11.März 2011 in Japan notwendig geworden ist. Was uns dabei besonders berührt hat ist die Tatsachen, daß die Menschen in Tohoku die ersten waren, die an die Opfer auf den Philippinen gedacht und finanzielle Hilfe angeboten haben. Wo doch gerade sie es sind, die immer noch auf Hilfe von außen angewiesen sind bzw. ihre Energie in den Wiederaufbau ihrer Lebensgrundlagen fokussieren müssen..

Wir werden immer wieder gefragt: Was können wir noch für die Leute in Tohoku von Deutschland aus machen? Was jetzt in Tohoku wichtig ist und wie jeder den Menschen dort Hilfe bringen kann ist ein persönlicher Besuch. Schauen wie es dort heute außieht, was zwischenzeitlich schon alles geschehen ist, mit den Menschen vor Ort sprechen, um dann die Information mit Bildern in die Welt zu tragen. Das ist der Wunsch der Menschen in den vom Tsunami verwüsteten Gebieten.
Kurz zusammengefaßt „Make The Trip“.

Im japanischen TV wurden „unsere“ Fischer in Ohzashi gezeigt wie sie neben dem köstlichen Seetang jetzt auch Jakobsmuscheln ernten und aufbereiten. Es sind die fünf Familien, die wir bereits kennengelernt haben, die sich zu einer kleinen Kooperative zusammengeschloßen haben. Erstmalig sind sie jetzt auch dabei ihre Produkte an Restaurants in Tokyo selbst zu vermarkten. Bisher wurde ihre Ware von Zwischenhändlern aufgekauft und an Supermärkte und Restaurants weiterverkauft.  Aber wie können diese Zwischenhändler die Kunden davon überzeugen, daß der „Wakame“ und Jakobsmuscheln aus Ohzashi der Beste aus dieser Region ist? 
Das wollen sie jetzt selbst übernehmen. Gezeigt wurde im TV wie die Fischer telefonisch Aufträge von Restaurants in Tokyo annehmen und sich dabei als Verkäufer ihrer Produkte zunächst unsicher fühlen. So hat das Unglück von vor 21/2 Jahren auch etwas Gutes. Umstellung, Anpassung, Ausweitung ihrer bisherigen Aktivitäten. Not macht eben erfinderisch. Aber, mit einem 12 Stunden-Tag ist die Arbeit nicht getan. Das erfordert den Einsatz aller Familienmitglieder – wir möchten sagen – fast rund um die Uhr. Sie tun das für ihre Kinder. Aber auch in der Hoffnung nach dem Wiederaufbau ihrer Geschäfte junge Leute für ihren Beruf begeistern zu können und somit die Region und ihr Dorf weiter zu stabilisieren. Uns hat es auch glücklich gemacht, bekannte, lächelnde Menschen im TV wieder zu sehen.
https://shoganai.com/2013/07/gruse-zum-sommeranfang-keine-zeit-fur-wut-in-fukushima/

Update: Was passiert zurzeit eigentlich in Fukushima

Im Reaktorgebäude No.4 lagern noch in einem Kühlbecken 1.533 Brennstäbe.
1330 davon sind bereits verwendet, jedoch immer noch stark reaktionsfähig.
203 Brennstäbe sind noch ungenutzt. Sie müssen jetzt geborgen und umgelagert werden. Zur Erinnerung. Reaktor No.4 im Dai-Ichi Kernkraftwerk war zum Zeitpunkt der Tsunamis abgeschaltet. Auf einem höher gelegenen Stockwerk lagerten zu der Zeit diese 1533 Brennstäbe in einem bis dahin sicher geglaubten Kühlwasserbecken.

Durch die Hydrogen-Explosion des Gebäudes nach dem 11. März 2011 wurden auf die Oberfläche des Kühlwasserbeckens Beton- und Gebäudeteile unterschiedlicher Größe, u.a. auch Stahltreppen geschleudert, die eine Bergung der Brennstäbe zunächst unmöglich machten. Es mußten erst einmal 21 verschiedene Präzisions-greifer entwickelt werden, mit denen es möglich wurde die unterschiedlich großen Brocken, Stahlteile und die Stahltreppe zu bergen. Hier durfte es zu keinem weiteren Unfall kommen, um die Brennstäbe nicht noch im letzten Moment zu beschädigen und eine erneute Reaktion einzuleiten. Die Stahltreppe soll inzwischen entfernt worden sein, größere Gesteinsbrocken auch, aber die vielen kleineren und mittleren Betonteile müssen vor der Entnahme aufs vorsichtigste entfernt werden.
Eine feinfühlige Arbeit unter enormen psychischen Anstrengungen.

Parallel wurde ein enormer Stahlbau von einer Gebäudeseite über das Reaktorgebäude No.4 gebaut, um einen Kran über das Kühlbecken an die Brennstäbe heranführen zu können. Dieser Stahlbau soll nach Aussagen von
Tepco (Tokyo Electric Power Company) auch einem erneuten Erdbeben
der Stärke 9 standhalten können.

Nach der Entfernung sämtlicher Teile von der Oberfläche des Kühlbeckens kann die Bergung der einzelnen Brennstäbe erfolgen. Übungen im Trockenen haben wir im TV gesehen: Diese Arbeiten müssen auch wiederum mit höchster Verantwortung und unter enormem psychischem Druck ausgeführt werden. Man befürchtet am meisten, daß genau zu diesem Zeitpunkt wieder ein Erdbeben geben könnte. Immer schwebt über den Arbeiten das Damoklesschwert, daß nichts, aber auch gar nichts schief gehen darf.

Wenn das alles gut geht, können die einzelnen Brennstäbe per Hand , mit Ketten hochgezogen werden, um sie dann in einen riesigen, mit  Wasser gefüllten Transport-Kühlbehälter einzulassen. Dieser Kühlbehälter wird dann per Fahrzeug in ein benachbartes Kühlbecken Becken gebracht und dort sicherer gelagert. Das neue Kühlbecken liegt auf Boden Niveau und soll bei Erdbeben nicht einstürzen können. Die Arbeiten beginnen innerhalb der kommenden Woche und werden, wenn alles gut verläuft wohl bis Ende 2014 andauern.

Und das ist ja erst der Anfang in Richtung Abbau von Atomkraftwerken.
Dafür wird eine Zeit von ca. 40 Jahren angesetzt….

Wir drücken allen Beteiligten die Daumen.

(siehe auch https://shoganai.com/category/thoughts/)

Ach ja, Weihnachten hat in Japan schon lange begonnen.
Sobald die Halloween Dekorationen verschwunden waren, wurden sie durch herrlich geschmückte Weihnachtsbäume ersetzt.
Jingle Bell und kein Ende. Das ist auch Japan.