Die Rückreise von Yoshino-Yama mit der Seilbahn nach Yoshino zum Zug über Kashihara-Jingu nach Osaka – Abenobashi hielt eine herrliche japanische Episode für uns bereit.

Im Ryokan hatten wir nach einem liebevoll zubereiteten Frühstück in einem weiteren Blockhaus gegenüber dem Ryokan ausgecheckt. In der Nacht noch waren unsere vom Regen durchnässten Schuhe von der Schwiegertochter des Inhabers mit Zeitungspapier ausgestopft und in einen Wärmeschrank gelegt worden, damit wir am frühen Morgen in trockene Schuhe schlüpfen konnten. Keiner hätte es bemerkt, wenn es nicht einer von uns gesehen und uns darüber berichtet hätte. Zur Morgenandacht im Zao-Do um 6:30 haben sie uns sogar noch mit zwei kleinen Autos hingebracht, wir hätten auch alle dorthin zu Fuß laufen können. Das alles ist Service auf Japanisch. Perfekt und liebevoll bis ins kleineste Detail, ohne Aufhebens um die Sache. Wunderbar. Der Besitzer, ein Mann der stolz war auf den von ihm selbst entworfenen und gebauten großzügigen Anbau, unser Blockhaus in der vergangenen Nacht, fuhr noch schnell mit seinem Moped zu einem Souvenirladen, um für jeden von uns in Yoshino-Yama hergestellte kleine Reiseanhänger zu kaufen und sie jedem zu übergeben. Liebe zu seiner Arbeit! Die kleinen geflochtenen Sisalschühchen hingen dann auf der gesamten Reise bei jedem am Rucksack oder Reisetasche. Beim abschließenden Gruppenfoto sagte dann seine 2-jährige Enkeltochter, dass sie mit uns nach Deutschland fahren will.

Wir waren pünktlich an der Seilbahn. Die Tickets waren gekauft, wir hörten gerade noch über das Walky Talky der Seilbahn-Mannschaft, dass es eine Minute Verzögerung geben wird, weil auf der Talstation noch jemand zusteigen wollte. Und in dem Moment, als wir die Kabine besteigen wollte, setze sich die Seilbahn talwärts in Bewegung. Unverständnis auf unserer Seite. Selbst wenn wir eine Minute zum Einsteigen benötigt hätten, worauf kam es hier auf diese Minute an? Zuerst versuchte es ein Mitarbeiter, dann kam der „Chef“ und erklärte umständlich, dass sie die Zeiten einhalten müssten, die ihnen von den Firmenzentralen der Busgesellschaften vorgegeben worden seien. Auf die Frage, ob das Sicherheitsgründe habe, kam wieder die Antwort mit dem Hinweis auf die Vorgaben der Busgesellschaften. Für uns war und blieb es unglaublich aber wahr. Shoganai und Schmunzeln. Auch das ist Japan. Wir hatten sowieso eine Sicherheitszeit eingebaut und verpassten unseren Zug nach Abenobashi deshalb nicht.

Bei der Durchfahrt in Kashihara-Jingu konnten wir zurückdenken an unseren Besuch am Vortrag im Kashihara Shrine, dem Mausoleum des ersten japanischen Kaisers Japans Jinmu, an den großen Buddha im Asuka Tempel und an die Geburtsstätte von Shotoku Taishi, den Kronprinzen, der den Buddhismus in Japan als Staatreligion in der ersten Verfassung Japans verankert hatte. Lesenswert http://de.wikipedia.org/wiki/17-Artikel-Verfassung

Eine ganz andere Welt erwartete uns dann in Abeno / Osaka. Endlose Wege durch unterirdische Einkaufsstraßen zur hellen Q`s Mall, einem neuen Einkaufs- und Restaurant-Zentrum über 8 Etagen mit Dachgarten Restaurants. Ein Paradies für Shopper und Hungrige. Gegenüber liegt mit 300 Metern das höchste, jetzt noch unvollendete Gebäude in Japan  „Abeno Harukas“ http://www.youtube.com/watch?v=q-y6VhNiaYQ.
In der Q’s Mall haben wir mit großem Spaß Shabu-Shabu und hinterher Softeis! gegessen.
Von dort ging’s mit dem Limousine Bus zum Inlandsflughafen Osaka/Kyoto Itami.

Der wuselige Hauptbahnhof von Sendai, von wo der Shinkansen, S-Bahnen und Busse abfahren wurde in einem Reiseführer als der „Schönste“ Japans beschrieben. Wir waren alle der gleichen Meinung, dass wir mit Kyoto http://de.wikipedia.org/wiki/Bahnhof_Ky%C5%8Dto einen noch viel schöneren, gigantischeren und daher interessanteren Bahnhof in Japan gesehen hatten. http://de.wikipedia.org/wiki/Sendai

Die Aussicht zum Teil von der 36. Etage unseres Hotels in Sendai ging bis hin zum Meer, wo vor mehr als 2 Jahren der Tsunami seine Spuren hinterlassen hatte.

Doch bevor wir in die vom Tsunami zerstörten Gebiete fuhren, wollten wir am kommenden Tag ein anderes Weltkultur Erbe besuchen. Wer noch nicht in Hiraizumi gewesen ist, kennt nicht die Sage darüber, dass die Japaner so reich seien, dass sie in goldenen Häusern lebten. Das hörte Marco Polo (1254 – 1324) auf seiner Reise in China und es regte ihn an nach Japan zu fahren um die „reichen Japaner“ kennenzulernen. Was ihm nicht gelang, holten wir nach. Allerdings fiel die geplante Radtour vom Bahnhof zum Chusonji Tempel http://en.wikipedia.org/wiki/Ch%C5%ABson-ji wegen starken Regens und Windaus. Das Mädchen vom Fahrradverleih „Gold Rental Hiraizumi“  empfing uns am Bahnhof in Hiraizumi, sie hatte sich schon gedacht, dass wir wegen des Regens auf unsere Radtour verzichten müssten, obwohl sie die Räder für uns bereits in Reih und Glied aufgestellt hatte. Ungeachtet des entgangenen Geschäfts mit den von uns fest vorbestellten Rädern stand sie da in ihrer „Gold Rental“ Uniform im Regen, ohne Schirm, und hatte Verständnis für uns und unsere Absage. Auf die Frage, ob sie nicht fröre, zeigte sie nur ihren starken Arm und sagte: „die Menschen im Norden Japans sind stark“. Sie übergab uns einige Informationen über Hiraizumi in Englisch und beriet uns sogar, wie wir am besten mit dem Taxi zum Tempelbezirk und anschließend zum Museum fahren könnten. Danach rief sie noch für uns drei Wagen von ihrem Handy aus an, was etwa 10 Minuten dauerte. Danach wartete sie solange, bis wir alle mit den Taxis abgefahren waren und winkte uns fröhlich hinterher. Einen besseren Botschafter könnte Hiraizumi nicht haben. Wir waren begeistert und wieder einmal berührt von der Uneigennützigkeit und dem Verständnis.

Der Chusonji Tempel wurde 1100 von Kiyohira Fujiwara, dem Nachfolger der damals herrschenden Familie im Nordosten Japans, gegründet. Er wollte endlich nach mehreren Kriegen und dem Verlust seines Vaters Hass und Revanche hinter sich lassen. Er legte vor Buddha ein Gelübbde ab die Geister der Toten, ob Freund oder Feind, Tier oder Mensch zu ehren, dafür baute er den Chusonji Tempel.

Als der bekannte japanische Haiku Dichter Matsuo Bassho https://de.wikipedia.org/wiki/Matsuo_Bash%C5%8D im 17. Jahrhundert dort auf die ehemaligen Schlachtfelder herunter sah, dichtete er den bekannten Haiku: „Sommergras. Das ist alles was übrig geblieben ist von Soldatenträumen“. (夏草や 兵どもが 夢の跡 (Natsugusa ya tsuwamono-domo ga yume no ato)

 „Sommergras“ können wir übrigens überall finden.

Der Tempelberg mit dem Chusonji hält viele Überraschungen bereit. Auf tiefblauem Papier in goldener und teilweise silberner Tinte wurden buddhistischen Sutren geschrieben, nach denen Generation des Fujiwara Clans gelebt haben. In einem angeschlossenen Shrein eine uralte Noh-Theater Bühne. Aber unser Ziel ist der Konjikido, der Goldene Pavillon, das Weltkulturerbe aus dem Jahr 1124. Er hat alle Feuer der Vergangenheit überstanden und beinhaltet die Mumien des Gründers Kiyohira Fujiwara und weiterer Familienmitglieder. Ursprünglich stand dieser Goldene Pavillon im Freien, wurde dann in einer hölzernen Halle, die wir auch noch sehen können, und von dort in der jetzt aus Beton gefertigten Halle, untergebracht. Ein wahres goldenes Kunstwerk mit maki-e Malereien (goldenen und silbernen Sprühtechniken auf Lack), Verzierungen aus afrikanischem Elfenbein, Rosenholz und Muscheln. Mit dem goldenen Amida in der Mitte, umgeben von  zwei Bodhisattwas und  weiteren Statuen. Das Symbol für „Das Reine Land auf Erden“.  http://www.chusonji.or.jp/en/und

http://www.google.de/search?q=konjikido&hl=de&tbm=isch&tbo=u&source=univ&sa=X&ei=4tmJUYLGGYfQlAWF3IGQAw&sqi=2&ved=0CDEQsAQ&biw=1366&bih=580

Im Hiraizumi Museum haben wir die herrliche Blüte des Chusonji-Lotus kennengelernt. Unglaublich aber wahr  ist seine Entstehung. Bei einer akademischen Untersuchung der Mumien des Fujiwara Clans aus dem Konjiki-do im Jahr 1950 wurden Lotus-Samen im Sarkophag für den Kopf von Yasuhira, der 4. Fujiwara Generation, gefunden. Man hat diese Samen dann angesetzt. Das Ergebnis: jetzt nach 800 Jahren blühen seit 1998 wieder wunderschöne Lotus Blumen. Welch ein Wunder. Der Lotus ist das Symbol des Buddhismus, und mit diesem Wunder wollen die vom Tsunami betroffenen Praefekturen jetzt den Lotus zum Symbol des Wiederaufbaus machen.  http://hiraizumifan.jp/en/hanakiko/4094/Motsuji

Bevor wir wieder mit der Bahn nach Sendai zurück fuhren besuchten wir die Anlagen des Motsuji Tempels, http://www.motsuji.or.jp/english/yurai/index.html von dem heute eigentlich nur noch die große Gartenanlage des „Reinen Land Buddhismus“ aus dem 11. Jahrhunder zu begehen und zu besichtigen sind. Schade, dass es regnete, diese Anlage lädt zur ruhigen Betrachtung ein, bei dem die Gedanken Jahrhunderte zurück versetzt können.

Welch ein Kontrast dann am Abend in Down Town Sendai. Restaurants, Kneipen, Geschäfts- Malls voll mit jungen Menschen auf Vergnügungstour. Seit der Tsunami Katastrophe

hat sich Sendai zur „Boomtown“ entwickelt. Von hier aus geht’s zum Wiederaufbau in die Tsunami Gebiete im Nordosten. Wir nahmen ein für Sendai typisches Izaka-ya Dinner ein http://de.wikipedia.org/wiki/Izakaya und machten danach einen wunderbaren Bummel durch das fröhliche und für den Besucher sichere Treiben von Down Town Sendai.

IMG_1596_1Noch bevor wir am kommenden Morgen nach Minamisanriku an der Pazifikküste aufbrachen, besuchten wir Zuihoden  http://www.zuihoden.com/english/ihin.html das Mausoleum des beliebten Fürsten Masamune Date (1567-1636). Sein Schattenbild mit dem Samurai Helm, verziert mit der an einer Seite überlang herausragenden Mondsichel, ist auf Fahnen in der Tohoku Region (Nordosten Japans) sowie in der Stadt Sendai an allen Orten zu sehen. Er war mächtig und brachte Industrien und  Wirtschaft sowie die Kultur in diese abgelegene Gegend, für damalige Verhältnisse soll er ein Modenarr gewesen sein. Noch heute tragen die Führer durch die Anlage Umhänge mit verschiedenfarbigen Punkten, die das unterstreichen sollen. Der Berg mit dem Mausoleum enthält noch weitere Mausoleen seiner Söhne und weiterer Nachfolger. Das Mausoleum wurde in dem üppigen japanischen Momoyama Stil http://en.wikipedia.org/wiki/Japanese_architecture, erbaut, d.h. mit bunt bemalten Holzkonstruktionen, wie wir sie auch aus dem Mausoleum des ersten Shoguns in Nikko kennenhttp://de.wikipedia.org/wiki/Nikko

Weiter mit Teil 3 Japan nach dem Tsunami vom 11. März 2011