Heute fehlen Philosophen in Unternehmen und Politik
Zwischen dem Kyoto Hotel Okura und dem Ritz Carlton Hotel in Kyoto sticht ein weißes, sehr gepflegtes japanisches Haus ins Auge.
Es ist der ehemalige Firmensitz der 1875 gegründeten Firma Shimadzu. Heute ist dieses Haus das Gründungs-Museum der Firma.
http://www.shimadzu.com/visionary/memorial-hall/index.html
Shimadzu ist mit etwa 10.000 Mitarbeitern ein weltweit anerkannter Hersteller von Analyse-, Materialprüftechnik- und medizinischen Geräten
https://de.wikipedia.org/wiki/Shimadzu#Produkte.
2002 wurde der Shimadzu Mitarbeiter Kōichi Tanaka mit dem Nobelpreis für Chemie für seine Methode zur massenspektrometrischen Analyse von biologischen Makromolekülen ausgezeichnet.
Schon im Jahr 1909 wurde die Firma in Japan zum Röntgen Pionier. Das erste Röntgengerät in Schrankgröße kann u.a. in diesem Museum unter dem Namen „Diana“ bewundert werden.
Was uns allerdings neben all den Erfindungen, Geräten, Maschinen und Technologien besonders interessierte waren zwei Tafeln, auf denen der Sohn des Gründers Genzo Shimadzu jr. im Januar 1939 seine damaligen Meinungen für ein gutes Privat- und Geschäfts-Leben niedergelegt hatte, die alle Mitarbeiter in positiver Form einhalten sollten:
Er beschreibt darin Menschen, die das Geschäftsleben stören und Menschen, die ihr privates Leben zerstören (ungefähre Übersetzung):
Menschen, die das Geschäftsleben stören sind solche, die
- nicht verstehen, dass Loyalität bedeutet, gewissenhaft ihrer Arbeit nachzugehen
- nicht als Einheit harmonisch mit anderen zusammenarbeiten können
- den Anweisungen von Vorgesetzten oder dem Rat anderer nicht zuhören können
- nicht dankbar sind, auch wenn ihnen ein Gefallen getan wurde
- nur an sich und nicht auch an andere denken
- nur dann arbeiten, wenn sie dafür entlohnt werden
- keine Belastungen ertragen können und auf halbem Weg aufgeben
- eigensinnig etwas nur auf ihre Weise tun und niemals ihre Meinung ändern
- Verbesserungen ignorieren und ihren Wissenstands nicht kultivieren
- Anstrengung und Können vermissen lassen, aber arrogant sind
- keine harmonische Ehe führen können
- nicht schnell genug zwischen unwichtigen und wichtigen Dingen unterscheiden können
- Probleme nicht auf kreative Weise lösen können
- sich nicht mit Hingabe ihrem Land und ihrer Gesellschaft widmen
- Arbeit auf Morgen hinausschieben
Menschen die ihr häusliches leben zerstören, sind solche, die
- die Verbindung ihrer Familie zu ihrem Land nicht würdigen
- ihre Eltern und ältere Geschwister nicht anerkennen und keine harmonische Ehe führen
- nicht mit Ihrem Einkommen haushalten können
- sich jeden Tag über etwas beschweren
- sich nicht gegenseitig unterstützen
- lügen und egoistisch nicht einmal drüber nachdenken
- nicht lebensnotwendige Dinge haben wollen und viel Zeit mit unnützen Bemühen verbringen
- nachts lange aufbleiben, bis in den Morgen hinein schlafen und ihre Begabungen nicht weiter entwickeln
- ihren Mut verlieren, wenn sie mal gescheitert sind
- nicht einmal darüber nachdenken wie unhöflich sie sind
- nicht wissen, dass Vorteile, die sie heute erreichen, morgen zu ihrer Beförderung beitragen
- ihre Vorgesetzten nicht respektieren auch nicht so nett zu ihren Untergebenen sind
- schlecht über andere reden und Gegensätze lieben
- keine Ordnung halten
- nicht täglich dankbar dafür sind den kommenden Tag wohlbehalten zu erreichen.
Genzo Shimadzu jr. war nicht nur ein bewundernswerter Entwickler seiner Zeit, sondern wollte auch Werte für sein Umfeld schaffen, die ihm wichtig waren. Daraus konnten wir das japanische Management dieser Zeit erkennen und feststellen, dass sich heute zwar manches geändert, aber sich die Wertewelt des Genzo Shimadzu jr. auch nur wenig verändert hat.
Heute fehlen in Unternehmen und in der Politik solche Persönlichkeiten, die neben ihren technischen-, politischen- und Managementfähigkeiten auch Philosophen sind, die ihr Umfeld mit ihrer philosophischen Betrachtungsweise des Lebens vertraut machen und damit zu einem zufriedeneren Leben beitragen könnten.